Merzmensch

DADAistisches und dadaLOSES

Silikonburka

6 Kommentare

„Wer hat’s erfunden verboten?“
ein geändertes Zitat

Minarett-Bau wurde in bereits verboten. Das Volk wurde populistischerweise geködert – und nun darf man keine Minarette mehr bauen.

So, was kommt als nächstes? Richtig! Burka. Und – schon längst laufen die Diskussionen über Burka-Verbot. Was heisst dieses Verbot eigentlich? Populistisch gesagt: „die Demutigung der Frau in der modernen Gesellschaft ist nicht zu tolerieren – daher weg mit der Burka„. Aber eigentlich wird es heissen: „die Burkaträgerinenn werden ausgesperrt, damit sie nicht die Strafe zahlen müssen„. Denn bei dieser Diskussion geht es wiederum nicht um die Frau, es geht nicht um Islam, es geht hier ums Ego der europäischen Gesellschaft, es geht um die Politik, es geht um Wählerstimmen.

Als ich neulich in Cabaret Voltaire war (Bericht kommt noch [das wird langsam zum running gag]), sah ich jede Menge sympathischer Plakate hängen, wie beispielweise diesen da:

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Das andere (leider nich aufgenommen) klang ungefähr wie:

„Liebe Burkaträgerinnen, lässt uns bitte nicht mit Silikonbrüstenträgerinnen alleine!“

Und jetzt habe ich gerade das Interview mit Ko-Direktor von Cabaret Voltaire, Philipp Meier gefunden, in dem es genau darum geht.

PhilippMeierIn diesem Interview heisst es: „Die Silikonbrust ist die Burka des Kapitalismus„. Wie recht hat er. Denn in der Diskussion um Burkaverbot geht es wieder um die Gefälligkeit, um das Spiel mit der europäischen „Offenheit“ und „Toleranz“, die eine Verschleierung der Frau durch Burka nicht zu tolerieren vermag.

– Doch die Silikonbruste, als Metapher (nee, eher Pars pro toto) für Schönheitswahn, was hat das mit Burka zu tun? – Fragt die Interviewerin. – Die moderne kapitalistische Gesellschaft lässt uns doch wahl zu entscheiden, ob wir mitgehen oder nicht. Wir sind frei, wir sind nicht unterdruckt. Sagt die Interviewerin, und auch einige der Kommentatoren.
Doch wie falsch liegen die alle…

Unser System ist perfider und subtiler. Uns steht alles frei – doch an jede unsere Entscheidung klammern kleine Klammeraffen wie „Status“, „Ruf“, „gesellschaftliche Akzeptanz“, und dann – siehe da: wir entscheiden uns im Endeffekt doch nicht nach unserem Gewissen, sondern so, wie es uns bequemer ist, von der Triumph-Quadriga der kapitalistischen der Konsum-der Mainstream-Gesellschaft nicht zerquetscht zu werden.

Man kann schon alles, man wird aber dann weg von der Bühne sein, und will man das? Daher tut man’s nicht.

Wenn das eine Freiheit ist?..

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6 Kommentare zu “Silikonburka

  1. Wie recht Du damit hast. Diese ganze Befreiungsrhetorik ist Teil (geworden?) unserer wuchernden Konsumkultur. Ist die Befreiung nun selbst Ideologie, die es abzustreifen gilt? Sind wir von der Befreiung unterdrückt? Dann sollte man wohl andere Wege gehen, um aus dieser Verstrickung in die Konformität zu entkommen…

    • Genau. Die Frage ist wirklich, was ist Freiheit, oder: gibt es sie überhaupt? Gibt es freien Willen? Denn ich habe fast schon das Gefühl, dass wir auf jeden Fall beeinflusst werden, bei jeder unseren Entscheidung. Ich weiss, diese dilemmatische Fragestellung mag reisserisch oder demagogisch klingen, doch für mich ist es ja fast die Sackgasse, aus der es doch einen Ausweg gibt.

      Die Sackgasse besteht darin, dass sogar mein Protest – meine Handlung aus Widerwillen – von Protestobjekt beeinflusst wird.

      Und der Ausweg ist vielleicht, einfach zu handeln, zu handeln beim Bewusstsein der Umstände, dass man beeinflusst wird. Mag sein, es gibt andere Auswege aus dieser Sackgasse.

  2. Sehr gut erkannt! Freiheit ist immer die Freiheit der Kaufkräftigen…

    • Genau, das ist die Freiheit zwischen Lindt oder Neuhaus zu entscheiden. (dies ist ein Werbungskommentar)

      In UdSSR, da gab es keine Freiheit – da gab es kaum Auswahl in der Konsumebene. Dafür die Metaebene… (ohne jetzt UdSSR im Zuge der Ostalgie besingen zu wollen).

  3. … ich krieg jetzt auch bisschen Brust… ohne Silikon usw.

    Ich weiß, das passt nicht, aber ich passe sowieso nie, vor allem nicht auf; ich wollte auch nur ganz nebenbei „Frohe Finksten“ einflechten, Herr cand. phil.

    (… welches hiermit vollzogen wäre…)

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