Merzmensch

DADAistisches und dadaLOSES


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Poetische Ornitophobie

HINWEIS für Schleichwerbungspolizisten:
dies ist keine Werbung,
sondern eine soziohistorische Bestandaufnahme. Oder so.

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Über die Vogelscheuchen hat bereits Schwitters in seinem typographischen Meisterwerk „Die Scheuche“ geschrieben:
ScheucheTitel
So schön – mit Frack und Spitzenschal – war zwar unsere Absurde Scheuche (i.e. Taubenabwehreinrichtung) zwar bei weitem nicht. Doch eine Recherche führte mich zu einem wunderschönen Häuschen irgendwo inmitten des Grünen, versteckt in Weiten der WWWelt: vogelscheuche.de

Tatsächlich beschäftigt man sich gewerblich damit, die Ratten (oder auch Schlangen, Läuse und Kakerlaken) der Lufte zu bekämpfen. Und tatsächlich hat sich die sektenartige Augen-Luftballon-Konstruktion als „Vogelscheuchen BALLON“ entpuppt.

//giphy.com/embed/D6cb3hdUZDEt2 Zitat:

Wirksam gegen: Tauben. Stare. Amseln. Krähen. Gänse. Für Schwimmbecken. Fischteiche und Marinas auch schwimmend auf dem Wasser gegen: Möwen. Fischreiher. Schwäne und Kormorane.

Diese Angsteinfliessenden Augenpiktogramme sollen hiernach die Greifvogelaugen darstellen Sehen die übrigen Vogel diese Greifvogelaugen, wir bei ihnen angeborene Angstmechanismus ausgelöst, (wissenschaftlich: AAM, Angeborene Auslösende Mechanismus). Ich bin wohl auch so ein Vogel, bei mir wird dieses Angsmechanismus jede Minute ausgelöst, blicke ich nur von meinem Bürotisch in das Fenster hinaus.

Doch die Vogelscheuchspezialisten haben’s auf alle Vogel abgesehen, und die Menüleiste der Webseite sieht wie ein Gedicht aus. Lesen Sie es doch durch, bitte mit Gefühl rezitieren:

vogelscheuchede

Haben Sie beispielweise vor, Amsel zu verjagen, finden Sie eine grosse Anzahl an geeigneten Werkzeugen dazu. Möchten Sie aber Kraniche vergraulen, da muss ich Sie leider enttäuschen:

vogelscheuche2de

Und die Nachfrage scheint gross zu sein, das Vogelvertreiben steht hoch im Kurs. Es gibt ein Testgelände zum Verjagen von verschiedenen Vogelarten, und in FAQ-Rubrik wird gefragt, ob man nur bestimmte Vogel vertreiben kann.

Richtig so. Sonst passiert folgendes:

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Kurt Schwitters. Die Sammelkladden, 1919-1923

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Da! Da! Hier ist es: die Neu-Edition von Schwitters‘ Texten, veröffentlicht schnurstracks vom Schwitters-Archiv, Schwitters Stiftung, Schwitters Museum, Schwitters Stadt und Schwitters-Experten.
Wieso? Weil die Edition von Friedhelm Lach (1973-81) textuell und wissenschaftlich nicht haltbar ist (leider, leider, sage ich mit einem LACHenden Auge – denn der Herr hat für Schwitters ein Riesenverdienst geleistet – ungeachtet seiner problematischen Textologie).
Was ist das? Ja, geneigte Leserin und nicht weniger geneigter Leser: dieses ca. 1000 Seiten starke Band 3 der Neu-Edition enthält nur wenig Texte von Kurt Schwitters persönlich – es sind vielmehr Rezensionen, Briefe, Postkarten etc., die er erhielt und zu mehreren kollage-artigen Kollagen (=Sammelkladden) kollagierte. Somit haben wir es auf einmal nicht mit Schwitters‘ Werken zu tun, sondern mit Schwitters höchstpersönlich – was er auswählte, was er las, was er in seinen Werken verarbeitete. Eine Meta-Perspektive auf MERZ-Künstler, mit reichlichen Kommentaren der Schwitters-Experten versehen.

Wenn Sie jetzt (oder auch später, oder irgendwann, falls überhaupt) einen tieferen Blick in diese kostbare Neu-Edition werfen möchten, empfehle ich Ihnen hierher reinzuschauen. Nur so, auf alle Fälle.


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Peter Urban. 1941 – 2013

Peter Urban. Photo: Vladimir Perelman ©Pjotr Kropotkin, Velimir Chlebnikov, Anton Čechov, Ivan Bunin, Ivan Turgenev, Isaak Babel, Matija Bećković, Augusto Boal, Joseph Brodsky, Miodrag Bulatović, Daniil Charms, Bora Ćosić, Brana Crnčević, Miloš Crnjanski, Miloš Crnjanski, Michail Demin, Leonid Dobyčin, Nikolai Gogol, Ivan Gončarov, Gennadi Gor, Maxim Gorki, Alexander Gribojedov, Jelena Guro, Josef Jedlička, Venedikt Jerofejev, Vladimir V. Kazakov, Danilo Kiš, Mirko Kovač, Michail Lermontov, Jurij Ljubimov, Osip Ė. Mandelʹštam, Mihailo Marković, Milan Nápravník, Vladimir Odojevski, Aleksander Ostrovskij, Miodrag Pavlović, Dmitrij Prigov, Aleksander Puškin, Dušan Radović, Tomaž Šalamun, Jevgenij Samjatin, Leonid Šejka, Vladimir Sorokin, Lev Tolstoj, Predrag Vranicki, Konstantin Vaginov, Richard Weiner, Ivan Wernisch, Alexander Vvedenskij


Peter Urban. Photo: Vladimir Perelman ©

Sie alle besuchten die deutsche Lesestuben, sie alle konnten ihre Gedanken teilen, sie allen sprachen deutsch – dank Peter Urban. Wie richtigerweise die Süddeutsche schreibt: „Übersetzer“ wäre zu wenig, um Peter Urban zu beschreiben. Er war Forscher, er war Schriftsteller, er war Kulturvermittler und bekam dafür den Turgenev-Preis. 

Doch vor allem: seine Übersetzungen sind der seltene Fall, bei dem ich das Adjektiv „kongenial“ anwenden möchte. Ich sage es als Bücherfreak, als Literaturwissenschaftler und als Slavist. Hier nur einiges aus seinen Verdiensten:

  • Er hat Daniil Charms für die Westliche Welt geöffnet (während die Texte dieses Avantgardisten im Osten nur streng geheim, als Abschriften, unter den Tischen weitergegeben wurden).
     
  • Er weigerte sich, Lyrik von Puškin zu übersetzen, nur seine Prosa. Denn – und diese bittere Wahrheit ist umso bitter, wie wahr sie ist – Puškins Gedichte sind unübersetzbar. Übersetzen – ja, aber das wird nicht mehr der beflügelte Genie aus Petersburg sein, sondern ein gemimter Stereotyp. Und recht hatte er.
     
  • Er machte die russische Literatur in Deutschland wieder salonfähig – frei von schwulstigen Bemühungen früherer Übersetzer, die vor allem hinter dem Entdecken der berüchtigten „russischen Seele“ her waren. Aber andererseits adaptierte Peter Urban nicht plump. Er arbeitete wie ein Profiler – er lebte sich in die Autoren hinein. Und das lässt sich lesen, sage ich Euch.
     
  • Seine Veröffentlichungen haben neben dem grossen literarischen Wert auch Wissenswert – durch die Anhänge und Erklärungen. So bekam der Leser eine allumfassende Sicht auf die Realien der Zeit, die in den Texten herrschte.
     
  • Er forschte. Er übertrug nicht nur aus einer Sprache in die andere. Er reiste viel, er wühlte in Bibliotheken, er jagte unermüdlich nach Hinweisen, so dass seine Bücher einen enzyklopädischen Wert als Bonus bekamen.
     
  • Er war Lorbeerkranz-scheu. Ruhm interessierte ihn überhaupt nicht. Auch wenn er mit internationalen Preisen überschüttet war. Er war eine grosse Person, ohne dies kultivieren zu wollen. Er lebte für die Weltliteratur.

Und das, nur um einiges zu nennen, machte aus Peter Urban die archetypische Figur eines Übersetzers (schon wieder diese einschränkende Bezeichnung…). Doch was sage ich – lest Bücher in seiner Übersetzung und bereits nach den ersten Absätzen werdet Ihr das Buch nicht aus der Hand lassen wollen.

Nun, diese Woche, am 9. Dezember 2013 ist er von uns gegangen.

Das ist, eigentlich, alles (Charms).

Nein. Nicht alles. Bei weitem nicht alles. Denn er existiert in jedem Buch, das er so detailverliebt herausgab. Seine Stimme hört man in jeder Fussnote – während der Text an sich der Stimme des Autors gleicht – nur plötzlich auf Deutsch. Ohne landesspezifischen Akzente. Ohne Anbiederungen an die Leserschaft. Ohne Adaptation.

Einfach lesen.


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A Million Little Pictures

Sind Sie zufälligerweise in Brooklyn dieses Wochenende? Wenn ja, könnten Sie auch meine Fotos sehen. Meine Beiträge zum bereits erwähnten Fotowettbewerb „A Million Little Pictures“ von Sketchbook Project sind nämlich bereits angekommen und werden dieses Wochenede ausgestellt.

Falls Sie jedoch nicht in den nächsten Stunden nach Brooklyn schaffen sollten, hier habe ich alle Fotos vorbereitet, die jetzt in New York (zumindest 2 davon) hängen.

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Und hier die Gallerie mit allen meinen anderem Aufnahmen.

http://www.flickr.com/photos/vladix/sets/72157636009002805/

Wie man sieht, die Einweg-Kamera hatte nicht unbedingt die beste Optik. Doch das zählt ja nicht 😉


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Tyree Callahan: Chromatic Typewriter

Wenn Sie denken, die Schreibmaschinen haben Ihre Blütezeit hinter sich, dann irren Sie sich. Denn sie metamorphieren geradezu zu einem neuen Künstlerwerkzeug – und das lässt sich sehen. Der in Washington angesiedelte Künstler Tyree Callahan hat nämlich so eine Schreibmaschine modifiziert, wie Weburbanist berichtet. Er nennt es „Chromatic Typewriter

Die Schreibmaschine sieht so aus:

chromatic-typewriter

Der Typenhebel trägt jedoch keine Literas und druckt keine Buchstaben. Es sind eher in einer speziellen Farbe durchgetränkten Schwämme, die auf eine wunderbare Art und Weise solche Bilder erzeugen:

 

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Es ist schon erstaunlich, dass man diese Gemälden tippt, statt zu malen.

Auf der Seite des Künstlers findet man eine Reihe von solchen Werke, aber auch andere interessante und surrealistische Installationen: http://www.tyreecallahanpaintings.com/enter

Er wurde in der neusten Ausgabe von „the bleed“ veröffentlicht, eine Zeitschrift für experimentelle und kontemporäre Kunst. Auch interessant 😉


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Multilinguetry Manifest

Dichtung in allen Sprachen gleichzeitig.

Gerade habe ich einen wunderbare Artikel über die Unübersetzbaren Wörter (Untranslatable Words) gelesen und stimme zu: jede Sprache hat ihre Stärke, Charme und Charisma. (Was die Übersetzer in die Lage eines Sisyphus versetzt (in eine glückliche Lage, nach Camus).

Doch wie wär’s damit: warum sollen wir die Dichtung übersetzen, wo wir doch in jeder Sprache dichten können, ohne dass die Übersetzung gebraucht wird. Die Möglichkeiten und Machbarkeiten dieses Unterfanges stelle ich in meiner Video-Dichtungs-Serie „Multilinguetry“ zum Beweis.

Was ich habe:

Kenntnis von

  • Russisch 
  • Deutsch 
  • Japanisch 
  • Englisch
  • und auch Polnisch, Bulgarisch, Französisch, Italienisch und Latein in Anfängen

Was ich mache:

Ich schreibe aus meinem Herzen. Ich schreibe aus meinem Kopf. Ich nutze die Schönheit jeder Sprache. Ich nutze die Logik von jeder Sprache. Man kann die eigenen Ideen und Gefühle in der Sprache am besten ausdrucken, in welcher man es am besten fühlen kann. Und: ich vermische die Sprachen. Ich vermische sie in jene unverschämte, empörende Art und weise, die jedem Sprachpuristen schlaflose Nächte bereiten wird. Ich nutze die Sprachelemente, die ich am passendsten für den Ausdruck meiner ideen finde.

Was Sie machen:

Sie lesen meine Texte. Und Sie. Und auch Sie. Und jeder, der meine Texte liest, liest eigentlich seine/ihre eigene Dichtung. Sie müssen lediglich eine Sprache beherrschen, die in diesem Gedicht vorkommt – und die Botschaft wird bei Ihnen ankommen (Ihre persönliche Botschaft). Beherrschen Sie zwei Sprachen, bekommen Sie womöglich eine völlig andere Botschaft zu lesen. Und die Ellipsen (Auslassungen, durch unbekannte Wörter/Sprachen verursacht) schaffen eine neue Bedeutung in Ihrer Imagination. Jedes Multilinguetry Gedicht kann somit auf tausende Art und Weise gelesen werden. So probieren Sie es aus. Lesen Sie. Hören Sie. Schauen Sie. Verstehen Sie. Schreiben Sie Ihre eigene Multilinguetry.

Multilinguetry: Geist

What if my полоумный Geist
Вдруг lässt меня im Stich?
頭がクルっています,
And I уже не ich.
И где-то там das Leben goes
Its gar langweilig ways.
Но строг безумия спецназ,
And I have stets to race…

Multilinguetry: Geist (2011) from Merzmensch on Vimeo.

Multilinguetry: Light

Wo ist the difference between
光、light и Licht?
The sky isn’t clear, but pretty clean,
I’m waiting, schlafe nicht:
重い雲の思い
над головой моей,
и солнце обросло травою,
und eilt von mir away.

Multilinguetry: Light (2011) from Merzmensch on Vimeo.

Light (2011) vimeo.com/33092291

Multilinguetry: Händedruck

Händedruck
Тяжесть рук
Time is just a freaky spook.
僕の背中に
Trage Tage, days и дни.
Спотыкаюсь я о пни
Of my daily harmony.

 

 

Bin ich der Erste?

Nein. Natürlich nicht. Niemand ist der Erste. Bereits die Avantgardisten in den 1920ger kombinierten Sprachen, um neue Bedeutungen zu artikuliueren. Vergleichen Sie El Lissitzki mit seiner Illustration zum „Sieg über die Sonne“, eine russische Futuristische Oper.

ALLES IST BIEN WAS GOOD НАЧИНАЕТСЯ ET HAT NO FINITA


El Lissitzky, Title sheet for “Victory over the Sun“,1923

Versuche, die Sprachen zu vermischen, begannen bereits mit der Geburt erster Sprachen. In diese Art wurden eigentlich die neuen Sprachen geschaffen. So, wenn heute der abgedroschene Terminus „Globalisierung“ in aller Munde ist, wieso nicht die globale Noösphere zu vermischen? Das bedeutet keineswegs das Generieren einer Super-Sprache. Das bedeutet die Nutzung von der Stärke, Schönheit und Kraft jeder Sprache in dieser Welt. Eine ultimative Gedichtsprache, die keiner Übersetzung mehr benotigt. Weil Ihr Herz und Ihr Hirn in irer beste Art und Weise diese Gedichte übersetzen werden.

Dixi.

(Original finden Sie auf Medium).


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Die Dadaisten, eine TV-Serie

Liebes Fernsehen.

Ich weiss, ich nerve schon wieder, und Ihr habt ohnehin viel zu tun mit Euren unzähligen deutschen TV-Soaps über die Liebe, die Reichen, die Kliniken (mal separat, mal alles zusammen) – inkl. Glubschaugen, hölzerne Dialoge, schwache Drehbücher [von Nichten und Cousinen der Produzenten geschrieben] und „Ich bin ja sowas von empört!“-Gesichtsausdrucke der super positiven ProtagonistInnen als bilschirm- und abendfüllende Notfalls-Unterhaltung. Ihr hört mich wohl nicht einmal, daher wende ich mich an arte oder 3sat.

Bald ist es aber an der Zeit, die Vergangenheit in die Zukunft zu transferieren, oh ja, wie ein Hut. Wie ein Hut.
Denn 2016 feiert Dada seinen / ihren (die Leute sagen, du wärest. / Laß sie sagen, sie wissen nicht, wie der Kirchturm steht) 100-jährigen Geburtstag.

Wie wäre es, anlässlich der Dadanniversary mal eine hochqualitative Serie zu produzieren? Mit einem spitzenscharfen Drehbuch, charismatischen Schauspielern, an Originalschauplätzen?

Zürich-Dada der 1910er – samt Karawane, Afrikanertänze und Schachpartien mit Lenin (der später Polizei ruft, weil die Dadaisten doch zu laut sind).

Berlin-Dada der 1920ger – samt Club Dada, wütendem Huelsenbeck und der Ersten Internationalen Dada-Messe.

Köln-Dada mit der von der Polizei geschlossenen Dada-Ausstellung und einem durchaus psychoanalytischen Max Ernst (am besten als Monty Python Animation)

Hannover-Dada, besser bekannt als MERZ – mit dem singenden Kurt, verwinkelten Merzbauten und Helma als Schutzengel/in.

Und natürlich, die gloriöse Baaders Flugzeuglandung als Wiederkehr Christi auf dem Kongress der Inflationsheiligen.

So und jetzt die Generalfrage – auch an Euch, werte Leserinnen und Leser: wer soll wen spielen? Hier kommen meine ersten Vorschläge.

 

Hans Arp = Rudolf Kowalski

 

Rudolf-Kowalski

 

Hugo Ball = Karl Markovics

 

HugoballMarkovics

 

Wenn der gute alte Eddi Arent noch lebte, könnte er bestens Kurt Schwitters spielen.

 

schwittersEddi_Arent

Diese Liste wird fortgesetzt – bitte schickt mir Eure Vorschläge, denn die Dada-Liste ist noch lang.
Ich werde diesen Posting nach und nach erweitern.

Achja, Blixa Bargeld soll da auch dabei sein. Aber als wer? (Vielleicht als Narrator, da seine Stimme so sagenhaft phantastisch ist?)

 

Ach, und wenn Ihr schon diese Serie dreht, ich würd da auch gerne mitmachen. Egal wie.


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Sammelsurium

1. Es ist da!

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Ich mache nämlich mit bei einem Kunst-Projekt AMLP: Analog (A Million Little Pictures).
Und das geht so: man bekommt eine Wegwerfkamera mit 15 Bilder, die man im Laufe von August ablichten soll. Man schickt die 15 Bilder zurück nach Brooklyn, zwei davon werden ausgestellt, alle werden digitalisiert, und somit eine globale weltweite Sicht auf die Welt dokumentiert. Die Bewerbungsfrist ist leider schon vorbei, aber falls Sie sich dafür interessieren, Arthouse Projects bieten jede Menge spannende Kreativitäten.

***

Die industriellen Hallen von Kraftwerk Mitte erklingen im neuen Festival für Experimentalkunst Berlin Atonal 2013.

Zur Eröffnung kommt – wer sonst? – Kurt Schwitters! Und zwar in der Darstellung des Performancekünstlers Frieder Butzmann. Er sagte übrigens – und das klingt wie Musik in meinen Ohren:

Wenn ich so mitkriege, was alles geschieht weltweit – die ganzen Widersprüche, die Irrungen und Wirrungen, die Lügen, die Ängste, die Behauptungen – das ist doch alles sehr dadaistisch.

Hier in Trailer von 3sat.

***

Die Kulturzeitschrift DU ist nun digital verfügbar (nicht die neusten Ausgaben, aber nichtsdestotrotz – oder genau deswegen – sehr empfehlenswert):

http://retro.seals.ch/digbib/vollist?UID=dkm-001&id=browse&id2=browse5&id3=3

An sich ist diese Seite der digitalisierten Zeitschriften auch höchst sehenswert:

http://retro.seals.ch/digbib/home


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Westlichen Werte

Alle Augen sind auf Istanbul gerichtet, auf Gezi Park. Die Stadtverwaltung wollte den Park wegirrationalisieren, doch die Bürger haben sich S21-artig zusammengetan und den Park okkupiert. Bald ging es nicht mehr nur um Erhalt der Sehenswürdigkeiten. Es ging um den Protest gegen die dystopische Politik von Erdogan (s. ausführliche Analyse der Protestbewegung hier und hier). Doch bald kam schon die Polizei. Bald flogen die ersten Gummigeschösse und Gasbomben, bald gab es die ersten Verletzten. Bald wurde ein Ultimatum gestellt, dass alle, die sich im dem Gezi Park befinden, zu Terroristen erklart werden.

Die Revolutionszustände brechen an. Die Ärzte, die die Demonstranten behandeln wollen, werden verhaftet. Gleichzeitig öffnet Divan Hotel seine Türe für verletzte Demonstranten (und wird von der Polizei beschossen). Und ein Pianist aus der Konstanz, Davide Martello, kommt urplötzlich mit seinem Flugel und spielt „Imagine“ von Lennon. Für alle Beteiligten, für beide Seiten.

Im Interview mit Spiegel erklärt der Pianist seine Intention.

SPIEGEL ONLINE: Was kann Klaviermusik zwischen Tränengas und Steinewerfern denn verändern?

Martello: Ich sehe mich mit meiner Musik als eine Art Friedensbotschafter. Dabei ist der Flügel nicht nur mein musikalisches Instrument, er verkörpert auch westliche Werte wie Demokratie und Frieden, für die ich einstehe.
Quelle.

Doch behalten wir die Westlichen Werte mal im Kopf und drehen kurz den Globus in Richtung Schweiz. Basel. Gestern.

Art Basel. Favela. Wissen Sie, was Favela ist? Elendviertel in Brasilien. Doch was hat das mit Basel zu tun? Für Art Basel wurde der Architekt Christophe Scheidegger zusammen mit dem japanischer Künstler, Tadashi Kawamata, beauftragt, ein Café-Meetingpoint als Favela einzurichten, was er auch getan hat. Favela-Café diente ab nun den Galleristen und Vertretern des Kunstbetriebs, im Schatten des schicken Slums ein Cappucino oder Prosecco zu geniessen, ihre Connections zu knüpfen, und unter dem brettigen Hüttendach das moderne Messe-Bau gegenüber zu bewundern. Den Urhebern des Werks ging es aber nicht um die architektonischen Kontraste:

Einen Kontrast zwischen dem schillernden Messe-Neubau und den banalen Holzbauten zu erzeugen sei aber nicht die zentrale Absicht des Künstlers Kawamata. «Es liegt beim Betrachter herauszufinden, warum das Projekt so aussieht.» Er wolle die Interpretation ganz dem Betrachter überlassen, so Scheidegger. Es gehe vor allem darum, den öffentlichen Raum zu gestalten.
Quelle

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Quelle: http://whitewallmag.com/all/art/basel-tadashi-kawamatas-favela-cafe

Und die Interpretationen kamen. Denn das Ganze war für einige zu dekadent, zu zynisch, im Schatten der simulierten Bruchbuden einen teueren Kaffee zu sippen, eine Art Rollenspiel, Schickeria der Armut, eine Apotheose der Gentrifizierung. So okkupierte man den öffentlichen Raum, sprich: diese unechte Favela und baute man zusammen etwas Authentischeres – nämlich die Atmosphäre des Armenviertels, inklusive laute Musik und Tanzen bis 22:00.

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Quelle: http://www.tageswoche.ch/de/2013_24/basel/551573/video-gewaltsame-polizeiraeumung-am-messeplatz.htm

Doch ach, bald kam schon die Polizei. Bald wurde ein Ultimatum erklärt, „dass eine Strafanzeige riskiere, wer sich nach 20 Uhr noch auf dem Platz befinde“ (Quelle). Bald flogen Gummigeschösse. Bald floss Pfefferspray. Bald gab es Verletzte. Platz geräumt. (S. Video – nicht für Zimperliche)

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Basel, 15.06.2013. Quelle: Youtube

Westlichen Werte?


P.S. Das Ganze schreit nach einer Performance, als eine künstlerische Auseinandersetzung mit den hochaktuellen Themen wie (Bl)occupy, Staatsterror, Gentrifizierung, Superfizialität des Kunstbetriebs etc.. Wenn das eine Künstleraktion war (samt kostümierter Polizei), dann Hut ab! Wenn das aber die tatsächliche Vorgehensweise gegen die „Okkupierer“ gewesen ist – dann Gute Nacht!
P.P.S. Gute Nacht. (S. eine treffliche Analyse von Michèle Binswanger: „Ein Zeugnis geistiger Verkrustung„)

P.P.P.S. Wie Philipp Meier, der Ex-Direktor der Züricher Cabaret Voltaire, sehr trefflich subsummierte:

Art Basel 2013: drinnen feiern sie systemkritiker und draussen prügeln sie systemkritiker.
S. auch seine tiefgreifende Analyse.

 

Ja, so ist es halt bei uns in Europa. Die bösen Systeme sind immer woanders. Bei uns stimmt ja immer alles.

________________

*) Basler Polizeidirektor Baschi Dürr verteidigt weiterhin den Polizeieinsatz. Das Ziel war lediglich die Musikanlage, die zu beschlagnahmen war. (Von dutzenden herumballernden Polizisten in Vollmontur). Er behauptet auch, es habe keine Verletzten gegeben und auch keine Verhaftungen:

Ja, es hat keine Verletzten gegeben und auch keine Verhaftungen.
Quelle

Es hat also keine Verletzten gegeben. Und auch keine Verhaftungen. Dann fragt man sich nur, was der auf dem Boden liegende Mann da macht, inmitten der Polizeistiefel (s. Bild oben). Geniesst wahrscheinlich ein Cappuccino für EUR 9,- aus einem der Favela-Cafés.


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Bestimmt ein Zufall. Eine immerwiederkehrende ontologische Zyklik. Oder so in der Art.

Warten Sie zufällig immernoch auf mich? Apropos, Zufall: Schwitters sagte mal:

„Es gibt keine Zufälle. Eine Tür kann zufallen, aber das ist kein Zufall, sondern ein bewusstes Erlebnis der Tür, die Tür, die Tür, der Tür…“

Und noch zufälligerweise merke ich, dass dieses Zitat von meiner Wenigkeit bereits vor 5 Jahren angegeben wurde. Nichtsdestotrotz, Zufall gibt es schon, und zwar gerade jetzt, in der Merz-Hauptstadt Hannover Re von nah (Danke Ihnen, lieber Kurt).

Und zwar als Ausstellung „Purer Zufall. Unvorhersehbares von Marcel Duchamp bis Gerhard Richter“ im Sprengel Museum. deutschlandfunk hat dazu einige weitaus unzufällig interessante Bemerkungen verfasst. Denn tatsächlich, ist Zufall keine blosse anti-kulturelle provokative Pose in Werken von Dadaisten oder Surrealisten, sondern
1) ein Verfahren
2) ein Topos
3) eine Denkweise
4) ein Versuchsobjekt
8) ein Werk an sich.

Achja, und da Sprengel-Museum zu einem Zufalls-Wettbewerb aufgerufen hat, unter dem Titel „Gib dem Zufall ein Gesicht„, da möchte der Merzmensch diesen Zufall nicht entgehen lassen, und schickt gleich folgendes Bild, das die werten und umso mehr aufmerksamen LeserInnen dieses Merz-Bloges bereits kennen. Hier ist sowohl Zufall als auch Gesicht – alles dabei.

Diesen ernsthaften Herren habe ich eines Morgens in meinem Kissenbezug vorgefunden:

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Zufälle gibt’s!
P.S. Naja, vergessen wir mal auf einen Augenblick Pareidolie.
P.P.S. Apropos wikipedia. Da ich hier nicht ohne Zufall diesen Beitrag abschliessen möchte, hier ist mein Lieblings-Artikel bei Wikipedia. Fast jeden Tag lese ich darin. Sehr erbaulich und aufbauend.

=> Bitte unbedingt lesen!

P.P.P.S.
Ach, und übrigens:
Kissenbezug-facebook


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alles ist verbunden


Quelle: wiki

Lese gerade die neue Ausgabe von Frieze d/e, bald kommt ein Dada-Artikel, doch nachher werden wir einkaufen gehen für heute Abend, und für die Zubereitung vom Französischen Hähnchenbrustfilet im Blätterteigmantel brauchen wir Estragon, aber das ist später, und jetzt entdecke ich in dem Artikel „Cry me a River“ von Pablo Larios, dass Samuell Beckett, als er in der Berliner Alten Nationalgallerie das obige Gemälde von Caspar David Friedrich „Mann und Frau den Mond betrachtend“ sah, zu seinem „Warten auf Godot“ inspiriert wurde, in welchem ein Vladimir und ein Estragon auf einen Godot wartete, wobei das stimmt wohl nicht mit dem Gemälde, da nach Pablo Larios verwechselte Beckett das von ihm als Mondlandschaft benannte Werk mit dem anderen Meisterwerk der Surreallen Melancholie von Friedrich: „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“, doch jetzt gehe ich erst mal Estragon kaufen. Wartet bitte auf mich.


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Kaminski ON AIR, Frieling und Walhall am Main

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Es HALLt im Frankfurter Bockenheimer Depot. Und zwar gewaltig. Denn während die Baukräne des künftigen berüchtigten Kulturcampus da droben über der Kuppel des ehemaligen TATs in der Götter/Abenddämmerung schimmern (das gehört beiläufig nicht hierher), glänzt da drunter das Rheingold, Teil I der Wagnerischen Tetralogie. Doch ohne Wagnerischen Soundtrack – dafür im besten Stil der Einstürzenden Neubauten. Vorgetragen vom Multitalent Stefan Kaminski – als ein „dreidimensionales Hörspiel-Theater“ in Rahmen seiner „Kaminski ON AIR„-Reihe. Und produziert von dem uns allen bekannten Ruprecht Frieling!

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Bereits wenn man das Theaterhaus betritt, findet man die ungeheueren Bauten wieder.

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Sogar die im Nebel schimmernden Theatermitarbeiter tragen dem Mythischen bei.

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Nun sitzt man im Saal, inmitten der monströsen Bau-Gerüste, und es fängt an!

Doch während der Wagnerische Ring mit dem Erhabenen geradezu erschlägt, sind die Charaktere bei Kaminski auf eine Olympische Art und Weise zickig, dümmlich und ab und zu pöbelhaft. Und sogar sympathisch. Das Faszinierende ist: Kaminski spielt alle Rollen, und tut es so glaubwürdig, dass man bald vergisst, dass dies ein One-Man-Theaterstück ist. Er überzeichnet manches, doch übertreibt nichts – das Komikhafte überschreitet nicht den Rubicon gen Klischée-Wüste.

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Die Bezeichnung „One-Man-Stück“ wäre vielleicht doch zu ungenau: zwar spielt Kaminski alle Rollen, und auch einige ausgefallene Instrumente wie Theremin. Doch er ist nicht allein.

Hella von Ploetz erzeugt überirdische Klänge mit einer spezial entwickelten Glasharfe. Die dadurch entstehenden Klänge kann man nicht beschreiben. Man muss das Pulsierende und im Raum Umherwobende Bebende Wurbelnde Hindurchspeerende mit dem eigenen Bauch spüren.

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Sebastian Hilken wechselt zwischen Percussions-Objekten und Kontrabass. Mal Taiko, mal Drum’n’Base, mal Militärtrommeln, und dann Blues-Saiten wibbern durch die Halle. Eine Multigenre-Orgie der besten Sorte.

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Inhaltsmässig ist Wagners „Rheingold“ ja ein Zeugnis der Impotenz der Weltherrscher: da werden die Walhall-Hallen von zwei sympathischen, aber dummlichen Riesen errichtet, im Auftrag des leichtsinnigen Gottes Wotan. Als Belohnung hat der Schnelldenkende die Göttin Freia versprochen, ohne zu überlegen, dass

  1. Freia eine Gottin ist, die eigentlich nicht als eine tarifliche Arbeitsvergütung in Frage kommt, auch im Öffentlichen Dienst
  2. Freia die Apfelbäume behütet, die den Göttern das Ewige Leben garantieren (was bei Freias Fernbleiben alle Götter sofort zu spüren bekommen werden)
  3. die Hallen irgendwann fertig sind, und die Arbeitnehmer streikend vor seiner Türe erscheinen.

Das tun die beiden ja, nachdem Walhall-Bau zu Ende gebracht wurde.

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Nix Erhabenes erwartet sie. Gott Wotan ist selbstsüchtig und hält sich nicht beim Wort.

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Und da geht das Schlamassel los.

Die Figuren sind mit klaren und kontrastreichen Farben gezeichnet. Wotan ist ein megalomanischer, selbstverliebter Nichtstuer. Fricka, seine Gattin und Göttin, ist vernünftig, dafür aber hysterisch. Freia läuft im Kreise herum wie Wildgestochene, kann man auch verstehen, in ihrer Situation. Fasolt und Fafner, die Riesen, sprechen Dialekte und sind Sympathieträger (auch wenn der einer den anderen eines Tages vermurkst). Loge, der Halbgott und Intrigant, ist plötzlich voll normal – seine Rolle wird nicht überspitzt dargestellt, er ist einer von uns, er rappt gerne und gibt sich für einen voll korrekten und menschlichen Typen. Erda, die Urmutter, ist jensets von Gut und Böse, kann man auch nachvollziehen, bei all der Bacchanalie drumherum.

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Diese Interpretation von Wagners Ring ist eine konsequente Linie mit der Prinz Rupis (Frieling) Übertragung „Der Ring des Nibelungen“ (als Buch erschienen): hier wird die Ring-Geschichte nacherzählt – urkomisch, mit knappen Worten und in die Modernität der Massmediae verschoben, so dass Bayreuth nur so knirrscht mit seinen Gold-Zähnen wegen der vermeintlichen Profanisierung und Penetration des Erhabenen durch das Nerdige. Auch in dem Moment, als plötzlich die deutsche Übersetzung der Schwarzen Sprache erklingt, in der die berühmt-berüchtigte Inschrift auf einem (nicht so) ganz anderen Ring verfasst wird:

Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,
Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Und einige Figuren mutieren zu Gollum. Mögen die Puristen sagen, was sie wollen, Intertextualität ist was sie ist. (Und auf dem Cover des Buches von Frieling funkelt der Tolkiensche Ring ebenso schön umher).

Alles ist stimmig und stimmungsvoll in dieser Inszenierung – sogar das Licht, ein Element, das man leider als Hörbuch kaum wahrnehmen kann (daher gibt es aber Videoinszenierung als DVDs) – so eine gute Lichtarbeit  wie hier, sieht man selten.

Und so vergehen 80 Minuten von „Rheingold“ wie im Flug (der Walküren), Wagner hat dafür mehr als 2,5 Stunden gebraucht.

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Und abschliessend ruft Kaminski hallend in den Saal:

– Hier sind wirklich grossartige Räumlichkeiten. Bockenheimer Depot ist Walhall!

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Und das stimmt: akustisch und visuell hallt es einen weg vom Hocker, wie es schon immer TAT.

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Nach der Aufführung eilen die Zuschauer hinunter, zur Bühne, auf welcher Musikinstrumente, Hammer, Thereminvox, Glasharfen, Streichholzer und weitere seltsam klingende Gegenstände auf eine wunderbar chaotische Art und Weise angeordnet sind.

Das Rheingold:

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Die Glasharfe:

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Die Partitur – man sieht, wie lebendig der Text ist – die Metamorphosen sind jedes Mal vorprogrammiert.

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Mit diesem farbigen Marakas da in der Mitte läuft Freia wie die Wilde durch die Gegend, verzweifelt und entgeistert. RIMG0336

Der lichtbringende Loge fummelt mit den Streichholzern und bringt – im Gegensatz zu Prometheus – keine richtige Antwort auf die Černyševskij-Frage des verwirrten Verpeilers Wotan: „Was tun?„.
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Die Bühne kann man stundenlang betrachten, doch leider müssen wir los – Walhalle wird für die Nacht geschlossen.

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Es bleibt nur noch eines: wiederkommen. Denn es ist bei weitem nicht zu Ende. Apokalypse kommt noch.

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Stefan Kaminski und Ruprecht Frieling.

Und hier das Making-Of:

Kunststeckbrief

Was: Kaminski ON AIR – DER RING DES NIBELUNGEN
Wo: Bockenheimer Depot
Wann: Zyklus 1 (11./12./19./20.05.2013), Zyklus 2 (25./26./31.05/03.06.2013)
Web: Oper Frankfurt / Internet Buchverlag


Ein Kommentar

Franz Mon in der Romanfabrik

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Konkrete Poesie ist das Flustern der Zeichen im Auge des Betrachters. Irrlichterierende Buchstabenkaleidoskope, erstarrte Hast eines dahingeworfenen Anagramms. Und Franz Mon – er ist mit seinen Ideogrammen der Meister, die Koryphäe dafür.

RIMG0050Heute war er zu Besuch in der Romanfabrik – auf seinem Abend „Wortbilder„. Und kaum war er da – wurde auch Romanfabrik an sich dekonstruiert, sie metamorphierte zu einem Ideogramm. Auf dem Plakat sowie auf der Einladungskarte (s. links) hat er zwei neue Ideogramme aus den Buchstaben R-O-M-A-N-F-A-B-R-I-K erstellt.

In diesem Ideogramm dreht sich alles um O. Die Konsonanten RMNFBRK bleiben draussen, und die Vokale OAA – als weicher Kern – bleiben drin, geschützt. Nur das „i“ inklusive das Tüpfelchen strebt hinaus ins weite Feld.

Doch gleichzeitig verewigte Franz Mon sich selbst: man findet FRAN, man findet MON, doch Z und N hören nicht auf, miteinander ob der Existenzgültigkeit zu kämpfen.

Man findet hier aber auch MAN, BAR, FORK und der freundliche MAN am BAR am Eingang der ROMANFABRIK serviert ausgezeichneten Sizilianischen Wein mit Tapas.

Und langsam merkt man, dass alles Konkrete Poesie ist. Alles ist so konkret und so poetisch zugleich.

Doch während du noch ungeduldig mit GABEL in deinen Tapas herumstöcherst, da kommt schon Franz Mon.

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(Mediokre Epigonalitäten von Merzmensch)

Zunächst bespricht er da droben die Klang-Lage, da gleich die Ausschnitte aus seinen Hörspielen erschallen werden.

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Und während er noch dort verweilt, betrachten die Zuschauer die Ideogramme auf den Wänden, versuchen sie zu entziffern, versuchen sie zu lesen, versuchen dahinter zu kommen.

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Und langsam, aber sicher folgen Offenbarungen, eine nach der anderen (und Sie, werte Leserinnen und Leser, können dieses Mysterium ebenso erleben – zur Auflösung markieren Sie einfach die scheinbar leere Zeile unter dem jeweiligen Bild [Merzmensch will ja nicht das Vergnügen vertreiben]).

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Auflösung: niemals

Oder das hier:

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Auflösung: Optimist, was bei der Golgota-Symbolik gar sehr vielschichtig ist!

Doch nun ist Franz Mon auf der Bühne und fängt an zu lesen. Die anfangs als schwach wirkende Stimme füllt plötzlich die ganze Romanfabrik. Alliterationen, Buchstabengedichte, splatterige Versionen bekannter Märchen, subversive Intertextualität, alles fängt plötzlich an, zu bebben, zu tanzen – wie die Letter in Ideogrammen, wie Faustsche Makrokosmos:

Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und lebt!

Der Alchimist Franz Mon zeigt seine Macht über dem Zeichen.

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Und da sage ich Ihnen, werte Leser, Hand aufs Herz: hier findet die Schönheit deutscher Sprache ihre Apotheose. Nur wenige konnten mich bisher mit dem indogermanischen Sprachklang akustisch verzaubern: Blixa Bargeld war’s, beispielweise. Franz Mon gehört auch ausnahmslos dazu.

Dann erschallt die wunderbare Hörspiel-Inszenierung seines Gedichtes „da der du bist“ (siehehöre bei ubu.com). Vogelartig schweben Worte umher – lechts, rinks, dreidimensional im Raum (wer braucht schon 3D-Kinos…). Stimmen, mal skandierend, mal klagend, mal affirmativ, mal orgiastisch, und wieder bieder, mal rückwärts (nach der Aufführung macht Franz Mon eine interessante Bemerkung: das rückwärts gesprochenes „Du“ klingt wie „Hut“). Wie ein Hut. Wie ein Hut. Du bist von vorne wie von hinten Anna. (Das gehört beiläufig nicht hierher, denn der Merzmensch sieht in jedem Menschen Merz).

Und plötzlich merke ich etwas völlig Irres: während wir dem Hörspiel zuschauen, schaut Franz Mon uns zu. Ja, wir werden plötzlich zur Bühne, wie damals in Holland, als Schwitters und van Doesburg sich im Saal zurücklehnten, während die Zuschauer die Bühne besetzten. Eine Verschachtelung der Realitäten. Überführung der Kunst ins Leben und vica versa frei nach Peter Bürger.

Danach – jaja, es wird so richtig transmedial – folgen Projektionen mit weiteren Beispielen seiner Konkreten Poesie und Ideogrammen.
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Franz Mon erklärt, das die Ideogramme als Meditation entstehen (und als Meditation werden sie gelesen). Man nehme ein Wort und man schaue, wie die Letter in diesem Wort zueinander stehen/hängen/schweben. Man ziehe ein „i“, man stauche ein „g“, und plötzlich bekommen die entstehenden Phantasmen ihre Semantik.

Und das stimmt: betrachtet man ein Ideogramm, folgen folgende Folgen (und das, liebe Leserinnen und Leser, ist ein einzigartiges Gefühl) :
1) man sieht ein Buchstabengefüge
2) man entdeckt langsam, dass die Buchstaben zueinander gezogen werden
3) man erkennt das Wort
4) das Wort bringt Bedeutung mit sich
5) das Ideogramm ist auf einmal semantisch betont – und du siehst etwas völlig anderes als im Punkto 1).

Schauen Sie doch selbst:
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Was erkennen Sie? Nicht etwa ein Rorschach-esques gespiegeltes Bild? Und dann, im unteren Teil – I-L-U-S-…ILLUSION!

Jetzt versteht man das Gespiegelt-sein, man versteht auch das wiederkehrende Chimärische des Wettlaufes zwischen Z und N (oder И)?

Franz Mon erklärt: Das Auge erreicht das Denken über das Bild. Durch die Nutzung des Auges entsteht ein neuer Raum der Bedeutungen, der Raum, den der Künstler betritt und sich dort frei bewegt.

Fürwahr, da wird einem synästhetisch zumute: der Auge fängt plötzlich an zu hören und zu denken.
Und während Kriwet seine Mixed Media visuell überflutet, lässt Franz Mon die Lakonie des Wortes Universen spielen („Auch ein Wort kann für mich ein Gedicht sein“, sagte er einst).
Und während Schwitters die mögliche (aber nicht unbedigt notwendige) Lesart seiner Merz-Bilder nur andeutet/nicht ausschliesst (s. meine Bemerkungen zu Schwitters-Tagung), lädt Franz Mon dazu regelrecht ein!

Und niemand kann der Versuchung widerstehen, zu lesen, zu lesen, zu lesen, bis man endlich erkennt, entziffert, dechiffriert.

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Selten habe ich so viele Zuschauer gesehen, die in Bildrahmen Löcher hineinstarren und die Buchstaben flustern, bis das Licht der Erkentnis auf ihren Lippen lächelnd aufgeht. Spätestens dann (aber eigentlich schon viel früher) versteht man die unheimliche Kraft und Dynamik, die in Ideogrammen von Franz Mon lauern. Und dann lassen sie nicht wieder los.

Dieser Artikel wurde auch in der Frankfurter Gemeinen Zeitung veröffentlicht.


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Bankers Babylon. Teil 1. Wie man Dinge möglich macht.

Ein Kulturtipp der Superlative in der Stadt am Main.

Bankers Babylon kommt nach Frankfurt.

Bankers Babylon

Kurz und knapp, worum es hier geht:

Am Mittwoch, den 21.3.
veranstaltet
die Onlinezeitschrift „Frankfurter Gemeine Zeitung
ab 19 Uhr
ein Finanzspektakel über Frankfurt u. die Macht der Märkte
in der Naxoshalle
unter dem Titel „Bankers Babylon„.
Mit dabei das Theater Willy Praml,
das Kellertheater Frankfurt,
Rapper Florian Neeb,
Klintsch,
die MoonLightSisters,
eine anonyme Zeugin aus der Finanzwirtschaft
und Prof Klaus Dörre aus Jena.

Alles über BankersBabylon – http://www.bankersbabylon.de

Kommt alle und zahlreich!

Den nächsten Teil veranstalten wir im Sommer, doch wer’s nicht gesehen hat – hat’s nicht gesehen. Und vice versa.

Kunststeckbrief

Was: Bankers Babylon. Teil I: Wie man Dinge möglich macht.
Wo: Naxoshalle Frankfurt, Wittelsbacherallee 29, 60316 Frankfurt am Main, Deutschland
Wann: am 21.03.2012 ab 19:00
Web: http://www.bankersbabylon.de


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Kafka strikes back: The BirdBase

Kafka wird gehackt. Oder so zumindest sieht die Webseite des Gehlen&Schulz-Verlages, wenn man sie jetzt öffnet: webseite Der Link führt auf die Facebook-Seite der ominösen Gruppe The BirdBase mit folgenden Manifest: Birdbasemanifest. Und sogar die selbst ist abgebildet: 392623_218529854886712_172276502845381_529111_152338014_n Und Making-Of:

Genau wie vermutet: die ganze Aktion (angefangen von der fingierten Verlags-Seite bis hin zum bundesweiten Versand) ist eine virale politisch-gesellschaftliche Persiflage. Man hat mal wieder, ohne richtig nachforschen zu wollen, zugegriffen, und sich in eigenen Empörungen verfangen.

Denn zwar ist der Verlag ein Fake, doch die Schippe, die Schippe ist völlig echt, auf die man die Öffentlichkeit und die Medien genommen hat.

Nur eine Frage ist noch offen: worüber soll man nachdenken? Worüber muss man sprechen? Worüber soll man nicht schweigen? Steckt eine Ideologie dahinter oder ist es eine Art Impuls, die Augen aufzumachen und die Wirklichkeit von einer Meta-Perspektive zu beobachten? Nicht, dass es so wird, wie M.A. Numminen einst Wittgenstein gesungen hat:

Ich bin gespannt, in welche Richtung das führt.

UPDATE. Wie es sich herausstellt, ist das mangelhafte Bildungs- und Schulsystem in Österreich das Ziel der Kritik, die The Birdbase ausübt (s. DerStandard.at). Oder wie The Birdbase auf ihrer Facebook-Seite selbst konkretisiert: 318562_218533644886333_172276502845381_529115_512097188_n

Mit der Aktion wurde also das Problem nicht nur angesprochen, sondern auch bestätigt:

Die Medien interessieren sich dafür, dass die EU Geld verschwendet, nicht aber für das niedrige Bildungsniveau.

Es scheint aber auch, dass mit dieser Aktion weitaus mehr erreicht wurde, als geplannnt, und das ist gut so. Nicht nur das Bildungssystem ist mangelhaft, nicht nur die Medien sind engstirnig, sondern die ganze Gesellschaft scheint auf einer ganz schiefen Spur zu fahren in Richtung einer bierernsten Naivität in Bezug auf die Medien einerseits, andererseits aber mit der erstaunlichen Affinität für das sich Empören, wenn’s sich herausstellt, dass man an der Nase herumgeführt wurde.

 

Post-Spiessertum.


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Proun – Das Avantgarde-Spiel

Raten Sie mal, was haben Schwitters, El Lissitzky, Kandinski und ein PC-Rennspiel? Die Antwort auf diese seltsame Frage habe ich heute gefunden. Und dabei ist mir früher solche Frage als Frage noch nie eingefallen. Die Antwort heisst „Proun„.

Proun nannte El Lissitzky seine von Malevič beeinflussten suprematistischen Versuche, von der Malerei zur Architektur zu kommen. Also nicht mehr 2D, aber noch nicht 3D:

„Durch den Proun sind wir jetzt bei der Architektur angekommen – und das ist kein Zufall“.
Lissitzki

Da ist beispielweise „Proun 5A“:

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(Quelle: art49.com)

Nun hat ein Spiele-Programmieren (darf ich sagen, Künstler?)  Joost van Dongen ein Spiel unter dem gleichen Namen geschaffen. Mit jazziger Musikbegleitung flitzt man lichtschnell durch die suprematistischen Dreiecke, Kreise und Linien. Ungefähr so:

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Und wenn man in das System des Spiels reinschaut, sieht man bereits, wer den Autor beeinflusst hat: El Lissitzky, Kandinsky, Mondrian, Schwitters und Tinguely (in Credits des Spiels sieht man ihre Werke).

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Aller Achtung! Ich hätte hie gedacht, ich würde irgendwann durch die Werke der Avantgardisten mit Lichtgeschwindigkeit rasen.
Hier geht es zur offiziellen Seite: http://www.proun-game.com/

Und hier ist es nochmals in Bewegung:

Und wieviel kostet dieses Kunstwerk? Soviel Sie möchten.


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Uelzen und andere Gurken.

Sommerfrische erfreut unsereins nicht nur nach dem Regen, sondern auch in unseren Salaten. EHEC-Salaten, wohlgemerkt. Denn zugegebenerweise sieht die Liste all der Gemüse-Sorten, in welchen Mr. „Enterohämorrhagischer Escherichia coli“ bereits entdeckt wurde, nach schönen Sommer-Salat-Ingredienden:

Gurken,
Tomaten,
Blattsalat

sind dabei, und seit heute auch noch Sprossen.

Sprossen aus Uelzen.

Von Uelzen, werte Leser, verstehe ich nur Bahnhof. Der Uelzener Bahnhof. Da waren wir nämlich während unserer Hamburgreise umgestiegen. Das besondere an diesem Bahnof ist, dass er von Hundertwasser konzipiert wurde.

Uelzen1-R0026739

 

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Uelzen3-R0026736

Und so steht der Uelzener Bahnhof am Friedrich-Hundertwasser-Platz, doch wird der Name Uelzen wohl eher in Verbindung mit Sprossen und in Kooperation mit EHEC in die Medien eingehen. (Hundertwasser längst vergessen). Die Medien haben ja kulturell gesehen eine permanente Diarrhöe. Da bleibt nichts übrig von der Kultur, wenn die geneigten Leser mir diese zweifelhafte Metaphorik erlauben.


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experiment.lyrisch – Frankfurter Lyriktage 2011

Ab morgen ist Frankfurt unsicher. Das besagt dieser Poster:

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Nein, ich meine natürlich nicht Kanacken Welt. Sondern EXPERIMENT, lyrisch. Die Frankfurter Lyriktage sind in diesem Jahr unter dem Zeichen des Experiments – wie schön, wie scho¨n!

Und ich bin diesmal wohl dabei – zwar nicht auf der Bühne, aber zumindest irgendwo im Publikum. Wer weiss, wann in Frankfurt das nächste mal die Experimentale stattfindet? Achja, Franz Mon kommt. Und Gert Scobel. Und viele andere.

Also es wird sicher spannend. Und für die Konventionen wird es hoffentlich – zumindest diese Woche – nicht mehr sicher in Frankfurt sein.

Kunststeckbrief

Was: EXPERIMENT, lyrisch – Frankfurter Lyriktage 2011
Wo: Frankfurt am Main, verschiedene Orte
Wann: 24.-28.05.2011
Medien: http://www.frankfurter-lyriktage.de


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Endzeit-Camping

Am dreißigsten Mai ist der Weltuntergang!


– wie der Numer-Eins-Hit des Jahres 1954 von Golkowsky-Quartet berichtete.
Doch Schluss mit lustig.
Nicht am 30. Mai, sondern am 21. Mai.

Denn wie Harold Camping, ein Moderator des Christlichen Radiosenders Family Radio vor einiger Zeit prophezeite (und ich zitiere seine deutsche Web-Präsenz):

01

Das Datum sei fest und definitiv (denkt an die Etymologie dieses Wortes nach!). Ausgerechnet wurde das Datum durch die Studien von Bibel (s. PDF auf Deutsch).
Das Ende der Welt sollte in Form der Entrückung (Rapture) geschehen – also wenn ich hier Wikipedia zitieren darf:

Mit dem Begriff Entrückung bezeichnet man in einem mythologischen oder biblischen Zusammenhang das Phänomen, dass eine Person leibhaftig aus der irdisch-konkreten Erscheinungswelt in eine himmlische Sphäre versetzt wird.
Quelle: Wiki.

Viele haben Mr. Camping geglaubt. Und so, am Samstag zogen sich Unmengen weltweit feierlich an, nahmen die letzte Mahlzeit auf Erden und gingen nach draussen, um bequemerweise in die himmlische Sphäre versetzt zu werden (durch die Decke kommt man ja bekanntlich nur schwer durch).

S. NY Daily News:

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(c) (Debbie Egan-Chin/News)

Auf dem Bild sehen wir Robert Fitzpatrick, einen von vielen, der auf das Ende der Welt auf Times Square erwartet (Quelle).
Und wartet.
Und wartet.
Und wartet.

Genauso wie auf dem Gemälde „Erwartung“ des Surrealisten Richard Oelze

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Quelle: Netschau

Und – faszinierend! – es passiert genau das, was damals, im September 1994 passierte, als Camping die vorherige felsenfeste Entrückung prophezeihte, nämlich:

nichts

Unruhe wächst unter dem Weltende-Empfangskommitee. Denn viele von den Gläubigen haben dem Mr. Camping ihr komplettes Vermögen, ihre Autos und Häuser hinterlassen, denn wer braucht schon diese Dinge da droben?

Doch es gibt keine Antwort, weder von Oben, noch von Herr Camping. Denn der Final Countdown auf seiner Webseite ist bereits abgelaufen:

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Wo ist das Problem? Das Problem ist lediglich, dass Mr. Camping dem Lied von Golkowsky-Quartett nicht zugehörte. Denn die letzte Strophe lautet:

Am dreißigsten Mai ist der Weltuntergang
wir leben nicht, wir leben nicht mehr lang.
Doch keiner weiß in welchem Jahr
und das ist wunderbar.
Wir sind vielleicht noch lange hier
und darauf trinken wir.

Na dann Prost! P.S. Und vielen Dank an BP für mehrere intertextuelle Hinweise.


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DADAvision 2011 – Zdob şi Zdub

Nicht, dass Sie jetzt denken, dass ich diesen Samstag damit verbracht habe, die Mainstream-Pop-Kitsch-Veranstaltung Eurovision Song Contest 2011 zu verfolgen. Dieser skurille Wettbewerb, bei dem…

  • …die Juroren zu 50% und Zuschauer zu 50% ihre veralteten Vorstellungen bezüglich der „Originalität“ vom Besten geben
  • …man fast in jedem Song einen anderen – älteren – bestehenden wiederentdeckt
  • …nicht einmal in europäuschen Zungen gesungen wird, sondern vorwiegend auf Englisch – nur die Akzente weisen auf das Internationale hin

ist eigentlich eine Apotheose von Mainstream. Daher freut man sich auf die Juwelen, die sich plötzlich zwischen den Massenprodukten entdecken.

Diesmal war es Moldova – mit der Anarcho-Ethno-Ska-Gruppe Zdob şi Zdub und ihrem Lied „So Lucky!“

Dieses Rhytmus, diese Kostüme – als ob sie gerade auf der Bühne des Cabaret Voltaire wüten. Und das plötzliche Artistokraten-Monokel im Auge eines stylisierten Bauers! Das ist ja Bachtins „zweite Kultur„, das Karnevaleske als eine Antwort auf die Totalitarität der Leitkultur, als ein Antikonventions-Ventil.

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Erinnert mich fast an Hans Arp mit seinem „Nabel-Monokel“

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(Quelle: http://www.arpmuseum.org/html/museum/cont_arp.html)

Aber jetzt, wo Sie bereits denken, dass ich diesen Samstag damit verbracht habe, die Mainstream-Pop-Kitsch-Veranstaltung Eurovision Song Contest 2011 zu verfolgen – was soll’s!


Ein Kommentar

Splav Meduze: Dada goes East

In Jena habe ich nicht nur Doktorandenkolloquium besucht und Buchentdeckungen gemacht. Die Professorin, die meine Arbeit betreut, lud mich zur Filmschau ein. Ein Film, von dem ich nie gehört habe. Ein Film, der einmal gemacht werden musste.

Splav Meduze

Der Film des slovenischen Regisseurs Karpo Godina aus dem Jahre 1980, benannt nach dem Gemälde „Das Floß der Meduza“ von Géricault, bringt uns in die 1920ger Jahre in die östlichen Teile Europas, wo serbische und slowenische Avantgarde-Künstler durch die kleinen Städte und Dörfer ziehen. Um die Neue Zeit zu deklarieren und zu manifestieren.

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Die Künstler sind den Vertretern des sogenannten Yugo-Dada (Dragan Aleksic, Ljubomir Micic u.a.) nachempfunden. Und nicht nur ihnen. Manche von Euch werden bei der Ansicht des obigen Gruppenfotos ein Déjà vu erleben. Und recht haben Sie:

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Hans Arp, Tristan Tzara und Hans Richter in Zürich, 1918. So, wenn man den Film aufmerksam schaut, findet man jede Menge Zitaten, Anspielungen und Originale aus dem Allgemeincorpus des europäischen Dadaismus. Die Künstler stehen im ständigen Kontakt mit der gesamten Europäischen Avantgarde: sie bekommen Briefe von Majakovski, Marinetti, Brecht, und das ist wunderbar!

In welchem Film sonst sehen Sie einen Brief aus Hannover.

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Und in diesem Brief…

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Oh ja, Merz 11! Genau dieser da:

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http://www.flickr.com/photos/ad_symphoniam/4844646789/

Ich kenne keinen anderen Film, der auf so eine authentische Art und Weise die dadaistische lebendige Atmosphäre der 20ger wiedergibt.

Den Film kann man übrigens bei Veoh komplett anschauen (wenn man sich anmeldet).

Als Vorgeschmack: eine Szene aus dem Film. Die Avantgardisten verbringen ihre Zeit nicht nur mit dem weltweiten künstlerischen Austausch, sondern auch mit Veräppelungen der Propaganda und mit der dem Gemeinvolk zugänglichen, aber gleichzeitig modernen Unterhaltung.

Splav Meduze ist bisher der wenigen Spielfilme über die europäischen Dadaismus, die ich kenne. Daher eine Bitte: wenn Sie weitere Filme gesehen haben mögen, her damit!


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Sarai: Franziska von Stenglin

Лучше гор могут быть только горы.
Nichts ist besser als Berge, ausser Berge

Unvollständiges Zitat von V.Vysockij

and just like that, the tension brakes /// Franziska von Stenglin

Dass in der Kunstplattform „Sarai“ etwas mit Dimensionen nicht stimmt, habe ich bereits mehrfach erwähnt. Mal erlebt dort die Natur ihre Wieder-Genese, mal beisst die Wand den Zuschauer.

Diesmal wurde die Dimension komplett gesprengt – Franziska von Stenglin liess hier Berge entstehen.

In Rahmen – und ohne, in Reihen – und frei – schweben an weissen Wänden italienische Alpen.

Ein Berg-Wanderer braucht eine Karte, so war auch der Text des Professors an der Städelschule Simon Starling sehr hilfreich auf dem Weg durch eine Escher-esque Verschachtelung der Wirklichkeiten. Denn diese vor dem Eingang ausgelegte „Mind“-Map durch die Innen- und Aussenwelt (die Grenzen fliessend) führte durch die Installation mit den hier präsentierten Aufnahmen.

Und Escher (oder eher Borghes?) scheint hier wirklich am Werk gewesen zu sein. Schauen Sie doch lieber selbst:

Italienische Alpen

Franziska von Stenglin nimmt die Alpen auf

Es entsteht in einem italo-alpinischen Bahnhof eine Installation mit diesen Aufnahmen

Diese Installation wird wiederum aufgenommen.

Zu den Aufnahmen wird ein lyrischer, subtiler, traum-artiger Text von Simon Starling geschrieben.

Die Aufnahmen der Installation mit dem Text werden in Sarai präsentiert – als eine Installation

Die weiteren Verschachtelungen können Sie, werte Leser, leicht aufstellen – denn Sie sind da mit einbezogen. So wie ich es war, der mich im Text von Simon Starling – und dann in der Installation von Franziska von Stenglin erkannte. Auch wenn ich es nicht war.

„She thinks of the artist from just down that same valley who photographed himself in mirror-finish contact lens.

War ich es ein Zufall? Doch lassen wir mich, Merzmensch tut nichts zur Sache.
Denn hier sprengen die Berge die Rahmen. Konventionelle Rahmen werden gleich gesprengt. Ungefähr so.

Berge verlassen Rahmen und gehen unter Leute

Alle Photoaufnahmen sind in Handarbeit entstanden, erklärt die Künstlerin. Keine Digitalisierung, alles selbst entwickelt, in diesen riesigen Formaten. So dass man praktisch das Haptische spüren kann.

Und wenn die konventionelle Rahmen gespreng sind, bleiben doch die originelle Rahmen Unikate: speziell gefertigt, eine Kombination aus Eisen, Glas und stabilen Schrauben, die die Berge durchzudringen scheinen. Als ob man die Berge so gefangen nehmen kann.

Doch in der Wirklichkeit sind wir es, die von den Bergen durch Schrauben und Glas isoliert werden. Und nur wenige von uns – wie beispielweise die Künstlerin selbst (auf dem Bild) hat diese Berge haptisch erfahren.

Und während wir hier bei Glas Wein und Stück Brot über die Berge in unserer imaginären Sphäre sinnieren, sind die Kolosse irgendwo dort, draussen, weit weg, wo die Zeit stehenbleibt.

Und doch so nah.

Kunststeckbrief

Was: and just like that, the tension brakes / Franziska von Stenglin
Wo: Platform SARAI, Schweizer Str. 23 HH, 60594 Frankfurt am Main
Wann: 01.02.-01.03.2011
Medien: http://nichewo.net/
http://franziskastenglin.com
Mehr Photos von der Vernissage


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Schreibkraft: "Alles Bestens" (17)

Lebensmitteliteraturzeitschriften-Test geht weiter. Mir ist eine ältere Ausgabe (2008) der Zeitschrift „Schreibkraft“ zu Händen gekommen. Nr. 17: „Alles Bestens„. Wieso denn nicht früher?Schreibkraft17

Dankeswerterweise gibt es diese Ausgabe der Zeitschrift (zur Furcht aller Verlagsverbände) komplett online zugänglich. Und nichtdestotrotz werde ich wohl die weiteren Ausgaben erwerben, denn – es lohnt sich! Eine weitere österreichische Schatzkammer.

Es ist jede Menge Schätze drin. Hier nur ein Paar davon:

  • Werner Schandor (Herausgeber): Alles immer besserer.
    Eine wunderbare powerpointengeladene kundenfreundliche und effiziente Einführung. Zeitgemäss und zukunftsorientiert.
  • Parviz Amoghli: die seele hockt im fegefeuer
    Eine faszinierende Geschichte des lukrativen Ablasshandels – vom dunklen Mittelalter bis hin zu Corporate Social Responsibility (wenn eine Korporation des Images wegen mal was sozial lobenswertes tun möchte).
  • Emily Walton: von klomüscheln und leichenbestattern
    Brazil lässt grüßen: alles wird normiert, oder besser: genormt. Egal was. Demokratisch (in der Kommission sitzen alle möglichen Vertreter). So etwas macht Lust auf Anti-Norm
  • Anne Peters: kleine typologie des mehrheitsfrohsinns
    Es geht um Frohsinn als ein Ziel, das mit jeden Mitteln erreicht werden will. So Carnegie-mässig: „When fate hands you a lemon, make lemonade.“ Und das Problem (es gibt kein Problem) mit der Mehrheitskompatibilität des Frohsinns.
  • Harald A. Friedl: das platon-popper-syndrom
    Jetzt, wo… Nein, anders gesagt: die Antike wurde durch Postmoderne überrümpelt, und nun schauen wir in die Röhre, sozusagen, mit unserem Glücksmaximierungswahn. Unersättlich, sozusagen.
  • Bernhard Horwatitsch: das universum
    ein äußerst lesenswerter Aufsatz, nach dem man sich fragen wird: was zum Henker wollen wir eigentlich? Denn im Vergleich mit dem Universum sind all unsere Sorgen und Probleme bis zur Unerkenntlichkeit lächerlich.
  • Stefanie Lerner: wir 2.0
    Der Homunculus Sapiens wird zubereitet, durchschnittisiert und vereinheitlicht. Und derzeit zählt die Weltbevölkerungsuhr hoch. Notiz am Rande: 2008 waren es 6.709.786.854 Menschen zum Ende dieses Artikels geboren. Jetzt, wo ich es schreibe, sind es 6.933.048.040 Menschen, die hier und da auftauchen. Bald, sehr bald werden wir den/die 7.000.000.000sten Menschen feiern.
  • Nina Goldfisch: aus liebe zur arbeit?
    Wir verlassen globale Gefilden und kommen auf den Boden der Tatsachen: Migrantinnen (mit Hoffnung auf das neue Leben und Arbeit in Europa erfüllt) werden mit der Realität der unbezahlten All-in-One-Praktika auseinandergesetzt (hier schliesst die Küchenarbeit auch das Kloputzen in sich ein). Schöne neue Welt, oh ja…
  • Jürgen Plank: reif für die insel
    Jeder Mensch ist eine Insel, doch dieser Text ist nicht darüber. es geht um die Insel innerhalb des Menschen, und um die Menschen innerhalb der Insel. Insel als Leben, Insel als Tor zwischen Hölle und Himmel – nur noch „LOST“-Bezüge fehlen. Kein Wunder, damals wusste noch kaum jemand, was das für eine Insel ist. Jürgen Plank hat es aber bestens geahnt. Ich sollte diesen Text noch 2008 gelesen haben.
  • Brigitte Radl: loser sind ok
    Die nichtfliegenden Pinguins und die Amerikanisch-Samoanische Fussbalnationalmannschaft (mit Guinnes-ausgezeichneten Erfahrungen von 0:31 Niederlage [ca. 1 Tor jede 2 Minuten]: und was sollt’s? Take it easy! Hauptsache, man macht weiter.
  • Sabine Dengscherz: gut ist nicht gut ist nicht gut
    Alles ist relativ, alle Qualitativen Begriffe, vor allem das-von-uns-als-GUT-definierte. Und der Zaubertrick ist, das Relative zu lenken! Denn das geht. Und das könnt Ihr. Man hat ab und zu das Gefühl, dieser Text habe keine Eigenposition. Und das hat er nicht. Denn es gibt keine Eigenposition, sie ist eine pure Illusion. Oder besser so: eine Eigenposition gibt es nicht, sie wird gemacht. Von jedem von uns. Jetzt ohne Liberalismusquatsch und Powerpoint-Carniegies.
  • Myriam Keil, die andere seite der besseren lebensart
    Es geht um das überall lauernde Andere, das mit unserer Sicht der Dinge zu kollidieren versucht. Und es geht auch um das Glück des Nicht-Ahnens dieses Anderen. Ahnen Sie’s?
  • Cay Marchal: das getobe der Sprachen
    Suche nach einem richtigen Wort. Angesichts der Babylonischen Verwirrungen. Lobenswert.
  • Martin Gasser: der feuerkopf im schrebergarten
    Für mich eine Entdeckung: das Parabel von Johann Karl Wezel Belphegor oder Die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne„: eine Mischung aus Sartre, Voltaire, Kafka und Co. (Ist da so eine Co?) Ein Optimist, der zum Pessimisten wird, die Welt quer durch Europa-Afrika-China durchstreift und endlich in Amerika in eine kleine Community flieht. Tja, die Menschen ist eine gar merkwürdige Gattung von Untieren.

Und dabei ist es nicht aus, es sind noch Buch-Reviews, Streifzüge durch Odessa etc. etc. Kurzum, schreibkraft ist eine weitere Literaturzeitschrift in meiner Best-Of-Liste. Schlicht und einfach.


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Sarai: Die Wand, die frisst.

Die Wand kann stehen. Sie kann auch fallen, wenn sie Mauer ist. Aber fressen kann sie auch. Das ist der Welt seit der letzten Sarai-Aktion bekannt. Denn Lech Grochola untersucht in seinen „Jailed Architects Series“ die nicht-rationale Narrativik des Architektur-Designs.
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Der Designer wird hier völlig von den akademischen Bremsen befreit und verschwindet Foucault-artig auf seinem Arbeitsplatz. Dabei wird „das Professionelle eingekerkert. Und die enthusiastische Vorstellungskraft wiederhergestellt„. Und das ist auch gut so.

Denn, stellen Sie sich vor…

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Kurz, es ist dem Künstler passiert, ein leeres und ziemlich unpersönliches Zimmer zu bewohnen. Ausser Zahnbürste, ein paar Socken und Papst-Bildniss war da nichts. So wurde das Zimmer langsam zu einem Gefängnis.

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Es musste etwas geschehen. Und dann! Vom Menschen versklavte Architektur dürfte endlich die Sau rauslassen. Und so liess der Künstler seinem – anti-egoistischen – Hedonismus freien Lauf – und die Wand machte sich selbständig!  

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Sie fing an, alles um – und in sich herum – zu fressen!

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Sie wucherte zu einem Ungeheuer aus, das gleichzeitig systematisch war.

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Und wunderschön.

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Es entstand eine eigene ungeheuerliche, monströse Logik und das Zimmer verwandelte sich in… in etwas. Oder besser: in jemanden.

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Und es war der Wand schon ziemlich egal, ob sie allein war, oder mit ihrem Schöpfer zusammen, oder gar von Menschenmengen umgeben.


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Denn Menschen kamen. Und haben mit Mühe und Not in die Platform Sarai hineingepasst.

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Kunststeckbrief

Was: Lech Grochola. The Wall
Wo: Platform SARAI, Schweizer Str. 23 HH, 60594 Frankfurt am Main
Wann: bis zum 12. November 2010
Medien: www


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Alpha0.7: Totalüberwachung

Ein Mann ruft an. Aus dem Jahre 2017. Doch er verwählt sich. Und wir erfahren, dass im Jahre 2017 unser Staat die Bürger totalüberwachen wird. Das besagt zumindest ein Plot des in Deutschland neuartigen Projektes „Alpha0.7“, veranstaltet von SWR.

Es geht um Verschwörungen, implantierte Chips, die die Gedanken lenken können, bardgeldlose Bezahlung und deren Nachteile, und andere immer realer werdenden Probleme der technokratischen Moderne. Doch es gibt noch Hoffnung: in Form einer subversiven und rebellischen Gruppe Apollon.

Die Geschichte wird in drei Channels erzählt: neben einer TV-Miniserie (bei SWR und arte) auch in Radio und im Internet.

ARGs sind in Deutschland bereits geläufig, jedoch so eine Produktion ziemlich neu.

Falls es Euch interessiert, werde ich darüber in meinem ARG-Blog berichten.

Wir sehen uns.


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Goethe, oder C’est la vie

[…] Verzeihen Sie mir denn diese Verworrenheit und all das – Wie wohl ist mir’s dass ich so mit Ihnen reden kann… Lang halt ich’s hier nicht aus ich muss wieder fort… Der unruhige… Lassen Sie um Gottes Willen meine Briefe niemand sehn.

Johann Wolfgang Goethe. Sämtliche Werke. Briefe. Tagebücher und Gespräche. Frankfurter Ausgabe. Deutsche Klassiker, Frankfurt a. M., 1985, Bd. 28, S. 464


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Bergson und Jasper

Henry Bergson analysierte das Lachen als eine Reaktion auf den Effekt des Komischen, hervorgerufen u.A. durch die Mechanisierung einer Handlung – wobei diese Handlung sich mehrfach wiederholt – auch mit einigen Abweichungen. Die Wiederholungen seien in unserem Hirn mit unseren perzeptiven Erfahrungen verglichen – und die Diskrepanz zwischen der einmaligen Normalität und merk-würdigen Wiederholungen erzeugt unter anderem das Lachen. Das Lachen. Das Lachen. Das Luchen. Oder auch nicht

Kurzum, hier ist ein Satz.

Ich wollte rüber zu Jasper, vielleicht sind sie schon zurück. Außerdem dachte ich: ‚Der alte Säufer kann ein bisschen Obst vertragen‘

Aus einem Buch von Frank Schätzing.
Und hier ist Anke Engelke, die versucht diesen Satz mit richtiger Betonung für das Hörbuch zu wiederholen. Was mehrmals schief läuft. Hören Sie es doch selbst.

 

Wenn Sie beim Hören nicht gelacht haben, dann stimmt die Theorie von Bergson nicht. Oder auch doch.


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Wie die Künstler so ticken.

17 Jahre lang hat Helke Bayrle die Künstler aufgenommen. Während sie an ihren Ausstellungen und Installationen für Portikus bastelten. Oder basteln liessen. Es wurden Eier hartgekocht, 63.000 Liter Wasser gegossen, auf Papier gesprungen.

Die Künstler verhielten sich – logischerweise – höchst unterschiedlich, oder, wie Sandra Danicke in Frankfurter Rundschau beschreibt:

Natürlich ist einer der spannenden Aspekte der Filme, dass man sieht, wie die jeweiligen Künstler sich so benehmen beim Aufbau. Packen sie mit an wie Tobias Rehberger, der nicht lange fackelt, wenn es ums Tragen geht? Oder geben sie bloß Anweisungen und kraulen sich Kaugummi kauend am Kinnbart wie Henrik Plenge Jacobsen? Und machen sie sich überhaupt Gedanken darüber, wie sie in Bayrles Filmen wirken?

So sind ungefähr 123 Filme entstanden, einige davon kann man bei Youtube bewundern. Zum Beispiel, Baldessari.

Oder Francis Alÿs

Oder Yona Friedmann 

 

Helke Bayrle erzählt im Portikus-Interview über ihre Philosophie:

Man sieht und fühlt und versteht die Kunst besser, die sie machen, wenn man sie auch als Personen kennen lernen darf. Alle sind so unterschiedliche Persönlichkeiten. Es ist möglich, sie direkt zu fragen, und das Gute daran ist, dass man gut informiert ist und viel dabei lernen kann. 

Achja, und wunderbarerweise ist Architekt dieser Ausstellung der uns bereits gut bekannte Anton Savov.
Die Portrait-Ausstellung ist noch bis zum 12.9.2010 im Portikus eröffnet.


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Sarai: Nick Fedaeff

Gestern ist’s wieder höchst international gewesen. (Obwohl, das Internationale zum tausendsten Mal hervorzuheben, scheint mir bereits zu lapidar, daher lasse ich es). Kurzum, ich besuchte Sarai (und das sagt alles aus!). Die Eröffnung einer neuen Ausstellung des russischen Künstlers aus Neuseeland, Nick Fedaeff.

(Nick Fedaeff links, mit Bier – zusammen mit dem Austeller und Sarai-Gründer Anatoli Nat Skatchkov)

Nick ist Mitte 90ger Jahre nach Neuseeland mit Familie ausgereist, und nach verschiedensten Beschäftigungen als Musiker, Performance-Künstler und Businessman – fand sich – als Maler. Und nun ist es seine Hauptbeschäftigung. Und das ist wunderbar. Denn seine Bilder inspirieren.

Vielleicht ist es bei mir irgendwo so eine idée fixe, oder, wie ein russischer Schriftsteller Daniil Charms einst in seiner „Geschichte von Himmelkumov“ schrieb:

Приятно быть в одном пункте как бы сумасшедшим. Всюду и во всём видит такой человек свой пункт. Всё на его мельницу. Всё имеет прямое отношение к любимому пункту.

Oder wie Peter Urban es wie immer kongenial übersetzte:

Es ist angenehm, in einem Punkt wie verrückt zu sein. Überall und in allem sieht ein solcher Mensch diesen seinen Punkt. Alles ist Wasser auf seine Mühlen. Alles steht in direkter Beziehung zu seinem Lieblingspunkt. […]

Denn ich sehe überall Daniil Charms. Zum Beispiel in diesem Diptychon von Fedaev:

Oder auch hier:

Die Welten, die Fedaeff entwirft, sind schwer und schwebend, traumartig und karikaturell, eine vielfältige Mosaik eröffnet sich dem äusseren Auge des Betrachters.

Doch der Betrachter merkt nicht, dass er selbst betrachtet wird.

Kurz, schon wieder stimmt was nicht mit Dimensionen in Sarai. Alles wird irgendwie dynamisch und verschoben – und der Betrachter ist bereits in eine andere Realität geraten. Und er weiss es nicht einmal. Er fliegt weg und verschwindet wie diese Figur in meinem Lieblingsgemälde von Fedaeff:

Es gibt kein zurück, es gibt nur – forwärts, und gerade das ist so faszinierend. Und auch wenn man die Ausstellung verlässt, sieht man plötzlich, wie die Vergangenheit zu Zukunft wird: Die Installation Feedscape von Anton Savov wächst und gedeiht, aber bereits draussen, ausserhalb der Ausstellungshalle.

Und so, eins nach dem anderen verlassen die neuen Realitäten die Räumlichkeiten von Sarai und erobern die Welt dadraussen. Wer kommt als nächster?

Kunststeckbrief

Was: Nick Fedaeff
Wo: Platform SARAI, Schweizer Str. 23 HH, 60594 Frankfurt am Main
Wann: bis zum 9. September 2010
Medien: www

Meine Fotos von der Ausstellung: http://www.flickr.com/photos/vladix/sets/72157624636239655/
Und der Künstler selbst: http://www.nickfed.com/, http://www.flickr.com/photos/fedaeff/ und http://fedaeff.livejournal.com/


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Ein Kommentar

An der NASA herumgeführt

Astronautin als Hochstapplerin entlarvt!

…würde jetzt ein billiges Schmierblättchen aus dem Hause Axel Springer schreiben.
Tagesanzeiger (Schweiz) tut es kultureller. Aber er tut es trotzdem, in einem Artikel „Eingebildete Astronautin„: http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Die-eingebildete-Astronautin-/story/11450678 .

Um die Geschichte kurzzufassen: Physiklehrerin Barbara Burtscher (25), eine avancierte und didaktisch begabte Person, ist Amok gelaufen. „2009 gewann eine ihrer Schülerinnen den jährlichen Wissenschaftswettbewerb des astroSBF“ (Staatssekretariat für Bildung und Forschung – M.). (schreibt Tagesanzeiger). Die Lehrerin begleitete Ihre Schülerin eine Woche im Spacecenter bei NASA. Zurück ist jedoch NASA-Mitarbeiterin Barbara Burtscher gekommen. So nannte sie sich ab diesem Zeitpunkt. Und wurde durch die PResse berühmt, als avancierte Schweizer Astronautin, „unsere Frau bei NASA“, die angeblich NASA-Astronautencamp besuchte, und von NASA-Mitarbeiter nicht nur gelobt, sondern sofort engagiert wurde als „Instruktorin im Nasa Education Center„.

Nun, wie es sich so herausstellt, sollen einige Sachen nicht ohne weiteres stimmen. Viele sogar. Kurzum, die ganze NASA-Kariere sei eher einem Wunschdenken der Physiklehrerin entstanden zu sein. Wunsch nach Sternen. Sagt Tagesanzeiger zumindest.

Doch da fängt schon wieder das Widerwärtige an. Die PResse fühlt sich an der NASA geführt, sozusagen. Und entlarvt die Übeltäterin, so wie es Tagesanzeiger macht, der ja selbst voller Bewunderung einst Frau Burtscher interviewierte („Wer die Chance bekommt, mit einer solch spannenden Person zu parlieren, ist natürlich massiv aufgeregt„).

Haben Sie nicht auch ein Déjà vu, werter Leser?
Genau – das hatten wir ja bereits, mit Helene Hegemann. Die PResse lobte sie bis zum Himmel, um gleich danach – selbstbeschämend – sie in den Boden zu stampfen. Das nennt man Qualitätjournalismus, der aus folgenden Phasen besteht:

Phase 1. Agiotage. „Ein Wunder! Wir haben eine Einzigartige Persönlichkeit (EP) gefunden! Leserzuwachs garantiert!“
Phase 2. Epigonie. „Die da haben über diese Person berichtet, und wir – noch nicht?! Her mit der Einzigartigen Persönlichkeit (EP) – wir werden sie noch besser darstellen. Hoffnung auf Leserzuwachs„.
Phase 3a. Positive Entscheidung. „Zweifelsstimmen? Alles Quatsch – wir nehmen (EP) in Schutz [Im Falle Hegemann – Postmoderne Intertextualität]„.
Phase 3b. Negative Entscheidung. „Zweifelsstimmen? Das haben wir schon von Anfang an geahnt! Unmöglich, so etwas, EP gehört auf den Pranger.“

Ach, und Recherche ist leider in keiner dieser Phasen enthalten.
Aber Recherche wäre schon praktisch, denn die ersten Zweifelsstimmen erklungen bereits in Januar. Nur wo? In Blogs.

Und da sind wir wieder bei diesem Ewigen Kampf des Qualitätsjournalismus gegen die Blogs, die angeblich schmarozzend die Journalisten arbeitslos machen. Ja und?

(Mit dank an das Info von Roland Wagner)

P.S. Eine offizielle Rückmeldung auf Tagesanzeiger: http://www.barbaraburtscher.com/

P.P.S. Hochstapplerin? Oder doch eher ein weiteres Opfer eines Monstrums. Eines vielgesichtigen Monstrums unter der euphemistischen Bezeichnung „Qualitätsjournalismus“?

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Perspektive, oder Ex Ostarrichi Lux

Ich hab’s angedroht, nun ist’s RealiTAT geworden.

Vor-Stellung der Literaturzeitschriften schreitet fort.

Auf meiner Suche nach lesbaren – und vor allem, lesenswerten Zeitschriften, bin ich schon vor Jahren auf Perspektive gestossen – eine österreichische Zeitschrift, die eigentlich in meinen Augen Österreich längst überschritten hat in ihrer.

Die erste Ausgabe, die ich las, war Nr. 43+44. Eine Sammlung von Manifesten verschiedener Avantgardisten – international, intermedial, subversiv! (Zu lesen – teilweise – unter http://www.perspektive.at/wp-content/uploads/hefte/p44.pdf). Doch ich blättre besser als ich klicke.

Alle, die nach einem zusammengefassten Überblick über die überzeitlichen Avant-Gardisten suchen, werden hier  fun! dig. Das hat mich zum Beispiel, auf Cyberpoetry inspiriert. Inspiriert es auf oder zu? Egal. Jedenfalls, nach dem Lesen anderer Ausgaben – zu finden als PDF im Heft-Archiv von Perspektive, war ich aus jedem Häuschen. Wie ein Hut. Wie ein Hut.

Falls ihr, werte Leser, nach einem Heft für zeitgenössische Literatur sucht, seid ihr mit Perspektive gut auf-gehoben, auf-gehebelt und ab-geht-die-post.

Nun, hatte ich Schwein gehabt, doch darüber ist nicht die Rede. Die Ausgabe Nr. 64 ist schon wieder er/sie/es-staunlich.

Ich möchte nur einige Autoren dieser Ausgabe aufgreifen, um das Lesenswerte zu verdeutlichen.
Alle Texte ohne Aus-Nahme haben mich gekidnappt, die folgende jedoch insbesondere. (Chronologische Reihenfolge – Seitenangabe auf Anfrage).


Sylvia Egger – aus den plappiaten.

Eine sehr executeausführliche Auseinandersetzung mit  Hegemannisierung der Literatur, eine Offenbarung, wäre eigentlich Konstatation gewesen, wenn sie keine Offenbarung wäre –

die ganze hegeman(n)ie ist im grunde ein ergebnis intellektueller legasthenie

Merken Se was, werte Leser/innen/aussen? Hegemann ist schon längst vergessen. Doch die Legasthenie schreitet fort. Von daher muss jeder diesen Text auswendig lernenaufmerksam lesen. Weil immernoch und immerwährend aktuell. So.

Dann wäre da Sophie C. Ambrosig / Cornelia Maurer – Selbstverteidigungstipps Für LiteratInnen Aller Altersstufen. Eine von Jugendschutzdingsbums nicht zugelassene Anleitung zum Bekämpfen der braunen Masse auf die Schädel mit Kapital und weiteren voluminösen Printmedien (die Bücher – die kann man noch gut brauchen)! Sehr schön (auch wenn ich am Ende die Bücher zurück in die Regale gestellt sähe – für die nächsten Selbstverteidiger).

Dann eine wunderbare Sprachstudie von ralf b. korte LANGuAGEIS A CITY.
Und dann: 7x7s | Black Out.

Multilingual, frisch und very very великолепно. Mehr kann – und will – ich nichts dazu sagen – liest es einfach. Kann schön umhauen. Just read it. Читайте, и все тут. 読んでくれ!Ein Ozean zum Er-trinken. Eine Oase zum Glücklichsein. Da will ich hin. Eieiei.

Dann Clemens Schittko mit who is who / is who or what. Eine antinostalgische Gegenüberstellung nach der Formel

𝔛 heißt jetzt X

Wie: „Dada heißt jetzt Dadaismus“ (s. 39)
Wie: „Avantgarde heißt jetzt über Avantgarde schreiben“ (s. 40)
Wie: „Kommunne heißt jetzt Community“ (ebenda)
Wie: „Neuheit heißt jetzt Revolution“ (ebendort)
Wie: „Einstürzende Neubauten heißt jetzt Blixa Bargeld und Band“ (ebenhier)
Also: Euphemisierung unserer Gesellschaft, Supefizialisierung. Oder auch keine Änderung. Denn früher war alles wie jetzt, nur anders. Da ist jede Zeile lesenswert. Ich habe alles gelesen. Честное пионерское.

Dann Stefan Schmitzernotizen zu einem ausstellungsbeitrag.
Konstruktion einer vergammelnd subversiven Lese-Ausstellung und Dekonstruktion dergleichen wegen der Sicherheitsvorkehrungen und Exhibitionmanagement (oder Managementexhibitionismus). Das nenne ich „aus dem Konzept bringen“. Vor allem, wegen der Vorschriften und Bedenken der Ausstellungsleitung. Wahrlich, „eine kleine dokumentation des plangemäßen scheiterns„. War Kafka nicht auch Österreich?

Diese Auswahl ist nur ein 1-Blick in die Vielfalt der Perspektiven. Von jedem Text bin ich auf eine oder andere oder mehrere Weise(n) betroffen (worden). Und das Typographische darf auch nicht unerwähnt bleiben – die Formen passen so wunderbar zum Inhalt, dass man kaum merkt, dass man jede zweite Zeile oder quer durch die Seite liest. So Danielewski-mässig.

Also, Werte Leser (lese Werter!): Österreich ist nicht nur Republik Kugelmugel. Österreich ist Perspektive – die meine wie auch die Eurige.

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Jane McGonigal und die Macht des Spiels

240px-Jane_McGonigal_-_Foo_Camp_2008Das Leben ist ein Spiel.

Das hat mehrfach Jane McGonigal bewiesen. Die Leser meines ARG-Blogs kennen bereits diese einzigartige Person. Sie beschäftigt sich mit Spielen – im Leben, als Kulturbestandteil, als Wissenschaft. Auch Ihre 573-Seitige Dissertation trägt den Namen „This might be a game“, zu finden auf ihrer Homepage.

http://avantgame.com/

Ihre Spiele nennt man „Serious Games“ – sie sind mehr als nur pure Unterhaltung. Sie verbinden Menschen, und lassen sie nachdenken, aber nicht auf eine didaktische Art und Weise, sondern immer – spielerisch.

Auf der TED-Konferenz hat sie die unendliche Kraft des Spiels hervorgehoben, und zwar gerade bei der Gruppe, die hierzulande so kritisch und skeptisch angesehen wird: die PC-Zocker, die stundenlang vor ihren Computern verbringen. Diese frische Perspektive auf das unendliche Potential solcher Spieler ist wahrlich sehenswert.

(Video ist mit deutschen Untertiteln)

http://video.ted.com/assets/player/swf/EmbedPlayer.swf

Vor einem Jahr war sie schwer krank und musste aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes auf die Dinge verzichten, die unseren Alltag bilden (auf lesen, auf das Internet etc.).

Nun könnte sie ganz pessimistisch die Tage mit Selbstmitleid verbringen.
Jane jedoch hat das gemacht, was sie sonst immer tut: sie hat gespielt. Sie dachte sich die eigene Rolle, die Spielregeln aus,
Sie hat ihren Zustand spielend verarbeitetund sie hat gesiegt!

Denn, wie sie es selbst sagt:

Schmerzen sind unausweichlich.
Leiden ist optionell.

Aber schaut es Euch am Besten selbst.

Davon können wir vieles lernen. Denn auch die Dadaisten haben die Welt spielerisch angesehen. Und sie hatten recht gehabt. Wahrscheinlich, weil beim Spielen wir eine Distanz zu uns selbst ausarbeiten – und dann sehen wir, dass alles tatsächlich nicht so schlimm ist, wie wir es uns vormachen.


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Sarai: Feedscape

Es gibt viele Kunstpaläste in Frankfurt MoMA, Schirn, Städel. Es gibt auch zahlreiche Galerien, die mit der modernen Kunst protzen. Doch es gibt eine Galerie, in der Kunst nicht als Kunst verkauft wird, sondern gemacht.

Sie  heisst   Sarai.

Eigentlich ist „Sarai“ das russische Wort für Scheune. Doch noch eigentlicher stammt das Wort aus dem Persischen: „sarāi, sarā“ bedeutet Palast. In Russland erlebte das Wort „Sarai“ eine ironische Degradation Palast=>Scheune. In Frankfurt erlebte das Wort Sarai eine absolute Aufwertung: „Scheune“ => Kunstpalast. Jetzt ohne pathetische Schwarzweiss-Malerei.

Das Haus, das von der Galerie Sarai bewohnt wird, ist kleiner, als man denkt, wenn man drin ist. Da stimmt was nicht mit Dimensionen: wenn du hineinkommst, entdeckst du die Unendlichkeiten des dritten Grades:

  • die Fenster in der Wand und im Dach stehen für das Licht,
  • die Künstler im Ausstellungsraum stehen für die unendliche Energie,
  • und die Galerie-Inhaber Nat Skatchkov und seine Frau Ira Kublin und ihre 5 Kinder stehen für das Leben.

Wenn man nun denkt, hier werde nur Kunst aus Russland präsentiert – der untertreibt gewaltig. Denn nichts in Frankfurt ist so international wie Galerie Sarai inklusive Künstler und Besucher. Die Künstler kommen von überall her, aus Japan und Bulgarien, aus Russland und Deutschland, etc etc etc.

Und Internationalitätsgrad ist ebenso unterschiedlich, wie das Bekanntheitsgrad (neulich war beispielweise Snežana Golubović da, eine Performance-Künstlerin, die bereits mit Greenaway und Marina Abramović gearbeitet hat). Aber alle hier ausgestellten Künstler haben etwas gemeinsam: sie sind in Sarai ausgestellt. Und das gibt ihren Werken eine neue Dimension (schon wieder diese Dimension!).

Die Atmosphäre ist total Cabaret Voltaire-esque: inspirierend, hell und irgendwie realer als die Welt da draussen.

Nun, wo ich schon über Ausstellungsraum erzähle, was ist mit den Ausstellungen?

Wenn Sie heute das Glück haben, Sarai zu besuchen, betreten Sie eine andere Welt (wie immer halt). Diese Welt heisst

Feedscape

Anton M. Savov, der Künstler aus Bulgarien, hat in Sarai einen neuen Biotop entworfen.
In künstlichen Formen wachsen Pflanzen.

Kaskadenartig fliesst Wasser, in einem Kreislauf aus Wasser, Luft, Erde und Licht.

 

Und diese von Menschen unberührte Natur wird in der Wirklichkeit – doch was ist denn Wirklichkeit heutzutage? – von der künstlichen Energie behütet und gepflegt.

Doch gerade in dieser Künstlichkeit liegt der Knackpunkt. Während wir, Menschen, normalerweise mit allen unseren Bemühungen dabei sind, die Natur in die Kanalisation runterzuspülen, hier wird die Natur generiert.

Künstlichkeit wird Kunst – und vice versa.
Indoor wird Outdoor – und vice versa

Die Naturgesetze werden zwar ausser Acht gelassen. So schwebt zum Beispiel ein Blumentopf im Raum.

Doch diese Antigravitation oszilliert zwischen der unerträglichen Leichtigkeit des Seins und der Erkenntnis, dass nichts unmöglich ist, ausser wir glauben (nicht) daran. Oder, wie Blixa Bargeld mal sagte:

Was ist ist
Was nicht ist ist möglich
Nur was nicht ist ist möglich

Und wenn jemand herumkritisiert:

– Was hat denn diese ganze manieristische Naturinszimmerhineinbringerei mit unserem hart erkämpften Leben zu tun?!

Dann sage ich: es geht um uns, es geht um jetzt, es geht um das Kunftige, es geht um das Geistige, und es geht ums Prosaische. Und alles ist verbunden durch die einprogrammierte Zufälligkeit und unumgängliche Abhängigkeit des Menschen von der Natur.

„feed“ als Eingabe,
„feed“ als Futter.
„feed“ als Vernetzung

Denn während wir die Umweltschützer als Spinner abwinken, werden wir schon bald einiges auf unserem Planeten vermissen. Tja, die Menschen sind so gebaut, dass wir nur eines Tages merken, dass unser Planet uns kein Essen mehr gibt, dann werden wir aufschreien.

Anton Savov wird aber weitermachen. Als ein meta Natur-Schützer. Jenseits des Politischen und Pathetischen.

Die Ausstellung ist bis zum 23. Juli 8. August (Verlängerung!) geöffnet.
Die Adresse: Platform SARAI, Schweizer Str. 23 HH, 60594 Frankfurt am Main
Es gibt auch eine Webseite: http://nichewo.net/`*

__________________________________

*) auch schön: nichewo heisst „nichts“ im Russischen, und „net“ – „nein/es gibt nicht„, also: „es gibt [hier] nichts“, Ceci n’est pas une homepage.

Mehr Fotos finden Sie auch hier: http://www.flickr.com/photos/vladix/tags/feedscape/

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Republik Kugelmugel

Ungefähr 8 Meter Durchmesser ist sie,
die Republik Kugelmugel.

Irgendwo in Wien, am „2, Antifaschusmusplatz“ ist diese Republik zu finden.800px-Kugelmugel_03_

Edwin Lipburger errichtete dieses Kugelhaus bei Wiener Neustadt. Nachdem die Machtinhaber des Bezirks alles unternommen haben, um diese unartige und gar eklatante Sache wegrollen zu lassen, erkärte Edwin Lipburger das Haus zu einer autonomen Republik. Mit allem drum und dran. Und natürlich mit der eigenen Webseite:

http://www.republik-kugelmugel.com/

Auf dieser Webseite schreibt Mag. Edwing Lipburger-Kugelmugel über das Haus u.a.:

Das Kugelatelier „Kugelmugel“ ist ein rundes Werk der Baukunst und hat eine unvergleichlich größere Bedeutung, als das Haus von jedem anderen.

Nachdem er sogar ohne Genehmigung Ortstafeln überall aufstellte, musste er für zehn Wochen ins Gefängnis. Jeder Freiheitskämpfer war mal im Gefängnis. (Alle Angaben ohne Gewehr).

Mittlerweile (laut wiki) gibt es bereits um die 611 Staatsbürger der Republik Kugelmugel.
Ich denke auch bereits daran.

Aber zuerst werde ich mal Staatsbürger der Demokratischen Republik of TamTam.

P.S. Für die Liebhaber der Einbürgerungsroutinen empfehle ich folgende Übersicht an Mikronationen
http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Mikronation
P.P.S. Die Englische Liste ist noch größer:
http://en.wikipedia.org/wiki/Category:Micronations


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Der Anfang der Fotomontage

Raoul Hausmann und Hannah Höch waren eines Sommers privat am Baltischen Meer, als es passierte.

Ich meine, ES: Der Anfang der Fotomontage! (Was haben Sie denn gedacht?..)

Gut, natürlich, gab es Fotomontage auch vor ihnen, die Futuristen haben’s getan, und Kubisten, und Picasso, und Braque…

Doch als Hausmann mit Hannah Höch auf der Insel Usedom künstlerisch und privat unterwegs waren, fanden sie fast in jeder Fischerstube etwas äusserst seltsames, was Hausmann als eine Art Blitz getroffen haben soll.

Die Fischersöhne, die Wehrdienst leisteten, hatten eine personifizierte Memorabilia (wieso gibt es eigentlich kein Singular für Memorabilien?!) aus dem Dienst mitgebracht.

Fotomontage

Source: http://www.all-art.org/art_20th_century/hoch1.html

Offensichtlich war zunächst ein mal ein Muster mit stehenden Soldaten in verschiedenen Uniformen gefertigt. Anschliessend hatte der Photoshopgraph einfach die Köpfe der Modelle durch den Kopf des Fischersohnes vielfach ersetzt – geklont, wenn Sie möchten.

Diese Photographien – nein, eigentlich waren es Öldrücke – hingen in jedem Haus mit dem einzigen Unterschied – dem jeweilig anderen Gesicht. Diese „kitschige Naivität“ (Höch), dieses Simulacrum des Historischen, dieses Serienpathos hat Hausmann zutiefst beeindruckt, und Hannah Höch nahm ein Bildnis mit (s. oben) und unterschrieb es

Der Anfang der Fotomontage

Leider habe ich hier kein besseres Bild davon, aber für diejenigen, die das interessiert: auf den Säulen steht folgendes.

Links: „Einigkeit macht stark
Rechts: „Mit Gott für König und Vaterland
Unten: „Zur Erinnerung an meine Dienstzeit
Oben: „Es lebe hoch das deutsche Heer / Des Vaterlandes Schutz und Wehr

Bezeichnenderweise hat der brave und unbehütete Soldat links ein Bierglas neben sich stehen. Heroisch!

So hat’s angefangen, und in Berlin blühte bald darauf Fotomontage als eine Lieblingswaffe des Berliner Dadaisten.

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Wegretuschiert, oder Bestes Geschenk zum Bloomsday

Manchmal kommen viele Dinge zusammen (wie es Herr Faust im vorherigen Blogeintrag bereits zum Ausdruck brachte). Ich habe hier über Joyce geschrieben, und auch über iPad als Literatur-Überträger, und siehe da!

Prompt zum Bloomsday wollte der Grafiker Rob Berry sein für iPad adaptiertes Werk „Ulysses Seen“ veröffentlichen, berichtet DieZeit. Es war eine Comic-Geschichte über Leopold Bloom.

Doch!

Kurz vor der Veröffentlichung hat Apple die Geschichte abgelehnt. Warum?

Darum:

us_comic_tel_0066_16

Quelle: Boingboing.

Auch wenn man es nicht richtig sehen kann, sieht Ihr es richtig: Herr Bloom springt ins Wasser completely näkisch (zugegeben, die Komposition des Bildes lässt das Nebensächliche zentral erscheinen).

Also hat Apple schon wieder zensiert, und zwar etwas ziemlich harmloses (ich frage mich, ob BILD mit seinem App auch bei iPad vertreten ist…).

Dies ist eine ziemlich unschöne Tendenz, die man bei Apple seit längerem beobachtet: man zensiert, man lehnt Sachen ab, man spielt einen Puristen und Heuchler. Also, muss ich meine enthusiastische These von vorhin etwas korrigieren bzw. eindämmen: iPad ist wunderbares Werkzeug für Transmediale Literatur, hat aber (bei der jetzigen Tendenz) wohl doch keine Zukunft, da es in falschen Händen ist.

Versteht mich bitte richtig, ich bin keineswegs für die masslose Abbildungen der Fortpflanzungsorgane in der Weltliteratur. Ich bin sogar eher kein Fan der Thematisierung des Körpers in der Kunst (zu primitiv und banal, meiner Einsicht nach). Doch wenn man bereits solche Kleinigkeiten zensiert, dann frage ich mich, was mit dem Rest der Weltliteratur passieren soll, deren Zielgruppe ja sich keineswegs durch eine vorpubertäre Unschuld auszuweisen vermag.

Schade auch, dass sich der Autor sofort auf die Zensur eingelassen hat und, wie die Zeit berichtet, dem Herrn Bloom „Penis entfernt“ hatte. Was für eine grausame Lösung. Hiermit bitte ich werte Leser, von weiteren Freudschen Analysen abzusehen, da ich, wie gesagt, kein grosser Fan von Freud bin.

Oder, wie Faust neulich twitterte:

Du hörest ja, von Freud ist nicht die Rede.

Vielen Dank an Philipp Meier für das Info!

P.S. Es scheint, Apple hat es doch eingesehen, und die Applikation zugelassen, wie 20min berichtet. Wobei aus dem Artikel geht immernoch ein seltsames Bild von Apple hervor: ihre wählerische Löschtaktik jenseits aller menschlichen Logik.

Naja, vergessen wir es. Denjenigen, die aber von der Zensurdiskussion ermüdet sind, empfehle ich, direkt die Geschichte von Rob Berry „Ulysses Seen“ anzusteuern. Sehr Magrittesque, übrigens.

http://www.ulyssesseen.com/


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Ferdinand Kriwet, oder Dimensionen des Textes

Die Schrift-Kunst als ein konkreter Gegenstand, war nicht nur Gegenstand der konkreten Kunst. Die Neuentwicklungen habe ich bereits dargestellt.

Doch eine der weniger bekannten, und jedoch höchst signifikanten Zwischenstufen dieser Entwicklung darf nicht unerwähnt bleiben.

Die aktuelle Spex- Ausgabe berichtet über eine Retrospektive von Ferdinand Kriwet. Eine sehr bemerkenswerte Person, die mit seinen „Sehtexten“ die Beziehung zwischen dem Lesen und dem Text auf eine neue Stufe gesetzt hat.

Kriwet schreibt über die Schrift (diese und weitere Stellen zitiert nach Spex – M.):

Schrift kommt dem Menschen heute auf Schritt und Tritt entgegen, nicht nur, dass sie ihm, oftmals unaufgefordert als Postwurfsendung ins Haus kommt, sie rückt ihm auch physisch direkt zu Leibe (wer hätte sich nicht einmal hinter einer Litfasssäule versteckt). Der Leser versenkt sich heute nicht mehr in den Text, er tritt vor ihn hin, er geht an ihm vorbei oder er lehnt sich an ihn, ohne in zu lesen…

Da denkt man unfreiwillig an die dreidimensionale ortliche Meta-Angaben in der Serie „Fringe“, die plötzlich zum Teil der Landschaft werden.

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Kriwet untersucht die Gegenständlichkeit des Textes und visualisiert anfang 60er mit „Rundschreiben“ die Unendlichkeit des Lesens.

Kriwet-Rundschreiben

Er sieht sich nicht als Maler, sondern als ein Schriftsteller. Er bemüht sich um die Infiltration seiner Kunst durch Gallerien in die Öffentlichkeit und designt, wie es bereits Schwitters getan hatte. Denn die Schrift, sowie das Lesen spielt für die beiden Künstler die dominante Rolle.

Er erklärt in seinem Manifest „Mixed Media„: „Kunst ist Information.“
Er sieht ausserdem Literatur in einer Konkurrenzsituation zu Massenmedien (und das – 1968). Damit Literatur überleben kann, muss sie „deren Eigentümlichkeiten produktiv“ verwenden. „Solange sie sich hingegen als blosser Stofflieferant an sie (Massenmedien) anbiedert, bleibt sie hemmungslos rückständig„.

Und als „Trainingsprogramm zur Schärfung der Sinne“ veranstaltet Kriwet Ende 60ger multimediale Informationsüberflutungsinstallsationen. Das nötige aus dem Informationsflut herauszuhören sei eine Herausforderung, die es zu meistern wäre (wie aktuell auch heutzutage). Diese Installationen werden nicht nur in Museen, sondern auch im Disco „Creamcheese“ projiziert.

Zusammen mit Nagel-Meister Günther Uecker verfasst er „Creamcheese“-Manifest. Dieser Manifest spricht jedem Popartist aus dem Herzen:

Kunst ist Unterhaltung. Alle Unterhaltung ist Kunst.

Man kann sagen, diese Devise mag heutzutage banal klingen, doch
1) damals war es eine Offenbarung
2) auch heutzutage herrschen die Kunst-lobbyistischen elitären Trennungen zwischen „hohen“ Kunst (d.h. der Kunst, über die konservative Kritiker es geruhen, sich zu äussern), und der sogenannten „niederen“ Kunst, sprich: Unterhaltung. Eine eher künstliche als künstlerische Trennung.

Ferdinand Kriwet experimentiert also theoretisch und praktisch mit neuen Les-Arten, mit neuen Text-Konstellationen. Was ist das, wenn nicht eine Vorbereitung für die neue Epoche des Textes – des lebendigen Textes.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 3. Juli 2010 in BQ, Berlin:
http://www.bqberlin.de/BQ-Berlin.html

Bei Ubuweb findet man übrigens einiges von diesem Künstler.
Seine Rundscheiben-Bilder:
http://www.ubu.com/historical/kriwet/index.html

Und auch sein Appolo-Projekt (Kollagen-Artige Sound- und Video-Installation der Medienberichterstattung der ersten Mondlandung.
http://www.ubu.com/sound/kriwet.html
http://www.ubu.com/film/kriwet.html


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Silikonburka

„Wer hat’s erfunden verboten?“
ein geändertes Zitat

Minarett-Bau wurde in bereits verboten. Das Volk wurde populistischerweise geködert – und nun darf man keine Minarette mehr bauen.

So, was kommt als nächstes? Richtig! Burka. Und – schon längst laufen die Diskussionen über Burka-Verbot. Was heisst dieses Verbot eigentlich? Populistisch gesagt: „die Demutigung der Frau in der modernen Gesellschaft ist nicht zu tolerieren – daher weg mit der Burka„. Aber eigentlich wird es heissen: „die Burkaträgerinenn werden ausgesperrt, damit sie nicht die Strafe zahlen müssen„. Denn bei dieser Diskussion geht es wiederum nicht um die Frau, es geht nicht um Islam, es geht hier ums Ego der europäischen Gesellschaft, es geht um die Politik, es geht um Wählerstimmen.

Als ich neulich in Cabaret Voltaire war (Bericht kommt noch [das wird langsam zum running gag]), sah ich jede Menge sympathischer Plakate hängen, wie beispielweise diesen da:

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Das andere (leider nich aufgenommen) klang ungefähr wie:

„Liebe Burkaträgerinnen, lässt uns bitte nicht mit Silikonbrüstenträgerinnen alleine!“

Und jetzt habe ich gerade das Interview mit Ko-Direktor von Cabaret Voltaire, Philipp Meier gefunden, in dem es genau darum geht.

PhilippMeierIn diesem Interview heisst es: „Die Silikonbrust ist die Burka des Kapitalismus„. Wie recht hat er. Denn in der Diskussion um Burkaverbot geht es wieder um die Gefälligkeit, um das Spiel mit der europäischen „Offenheit“ und „Toleranz“, die eine Verschleierung der Frau durch Burka nicht zu tolerieren vermag.

– Doch die Silikonbruste, als Metapher (nee, eher Pars pro toto) für Schönheitswahn, was hat das mit Burka zu tun? – Fragt die Interviewerin. – Die moderne kapitalistische Gesellschaft lässt uns doch wahl zu entscheiden, ob wir mitgehen oder nicht. Wir sind frei, wir sind nicht unterdruckt. Sagt die Interviewerin, und auch einige der Kommentatoren.
Doch wie falsch liegen die alle…

Unser System ist perfider und subtiler. Uns steht alles frei – doch an jede unsere Entscheidung klammern kleine Klammeraffen wie „Status“, „Ruf“, „gesellschaftliche Akzeptanz“, und dann – siehe da: wir entscheiden uns im Endeffekt doch nicht nach unserem Gewissen, sondern so, wie es uns bequemer ist, von der Triumph-Quadriga der kapitalistischen der Konsum-der Mainstream-Gesellschaft nicht zerquetscht zu werden.

Man kann schon alles, man wird aber dann weg von der Bühne sein, und will man das? Daher tut man’s nicht.

Wenn das eine Freiheit ist?..


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Killerdada

Wo ein „Da“ ist, sollte auch ein zweites „Da“ nicht fehlen.

Cabaret Voltaire veranstaltet in ihren Räumlichkeiten eine wunderbare Installation Grand Theft Bicycle.

Sie kennen bestimmt „Grand Theft Auto“ (ein Mit-Höchstgeschwindigkeit-Durch-Die-Stadt-Rasen-Und-Rumschiessen-Spiel)- haben es selbst gespielt, oder sich in den Verzerrmedien darüber desinformiert. Denn dieses Spiel zählt zu den sogenannten „Killerspielen“ – eine kluge und weise Erfindung unserer Politiker, um einen für alle bequemen Sündenbock für Amok-Läufe zu finden und gemütlich draufzuhauen, statt die ungemütliche Themen wie Bildungspolitik, Erziehung, Familie anzusprechen – sonst laufen ja die Wähler gruppenweise weg.

Kurzum, Grand Theft Bicycle ist eine Installation: man fährt einen Fahrrad durch die virtuelle Städte und hat gegen die Gegner zu kämpfen, wie zum Beispiel Bush, Gorbachev oder Bin Laden.

Denn, wie Philipp Meier, Co-Direktor des Cabarets Voltaire zurecht diese Installation ankündigt:

Auf diese Weise möchten wir das Thema Killergames direkt zum Bürger bringen.
(Zitiert nach
http://www.20min.ch/ )

dubyagorbyosama
Nun die Schweizerische Installation wurde um einige Figuren erweitert, sozusagen, an die Umgebung angepasst, und so muss man auch mit oder gegen den Bundesrat antreten. Und wie sonnst kann der Bundesrat heissen, wenn nicht MERZ. Hans-Rudolf Merz.

Es kamen die ersten Empörungswellen und weiteren EklaTanten, und mit Empörung hat Dada und Cabaret Voltaire seit eh und je zu kämpfen. Man schimpft also auf diese Killerkünstler, und bezweifelt die finanzielle Förderung von Cabaret Voltaire.

Nun hier ist mein Kommentar zu diesen Schmähreden drüben, auf 20min.ch:

ES GEHT HIER NICHT UMS TÖTEN.

Es ist eine bitter-ironische Persiflage auf politische Schlammschlachten, die weltweit lustvoll von Gewaltinhabern geführt werden. Der Unterschied zwischen diesen Schlachten und der obigen Video-Installation ist aber, dass bei der letzteren nur Bits und Bytes gesprengt werden. Und keine Menschenleben am Spiel stehen, wie tagtäglich auf dem Sch(l)ach(t)brett der Politiker.

Förderung? Absolut notwendig. Cabaret Voltaire hat seit den frühsten Dada-Zeiten immer kritischen Blick gegenüber dem Weltgeschehen gehabt. Aufgabe der Kunst ist zu hinterfragen statt einzulullen

Und hier ein Trailer zur Installation:

http://www.20min.ch/videotv/player_inline_videotv.swfvar breite = 597;var hoehe = breite/16*9+22;var so = new SWFObject(„http://www.20min.ch/videotv/player_inline_videotv.swf“,“player1271274008106633″,breite,hoehe, „0“, „#000000“);so.addParam(„quality“, „high“);so.addParam(„scale“, „noscale“);so.addParam(„salign“, „left“);so.addParam(„allowScriptAccess“, „always“);so.addParam(„allowFullScreen“, „true“);so.addParam(„wmode“, „transparent“);so.addVariable(„browser“,navigator.appVersion);so.addVariable(„player_id“,“1271274008106633″);so.addVariable(„autoStart“, „false“);so.addVariable(„video_quality“, „null“);so.addVariable(„movie_width“, breite);so.addVariable(„video_pos“, „0“);so.addVariable(„inline“, „true“);so.addVariable(„extern“, „true“);so.addVariable(„showLogo“, „true“);so.addVariable(„logo_url“, „http://www.20min.ch/videotv/logo_d_507.png“);so.addVariable(„logo_url_fullscreen“, „http://www.20min.ch/videotv/logo_d_full.png“);so.addVariable(„begin“,“0.000″);so.addVariable(„end“, „0.000“);so.addVariable(„file1“, „106633“);so.addVariable(„seek1“, „true“);so.addVariable(„frames“, „40“);so.addVariable(„frames_start“, „mouseOver“);so.write(„flashcontent106633“);

Daten zur Installation:

Vernissage: Mittwoch 21. 4. 2010 18:00
Ausstellung: 22. 4. – 5. 5. 2010

Grand Theft Bicycle

Eine interaktive Computergame-Installation
Entworfen und realisiert von Steve Gibson, Justin Love und Jim Olson


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1. April

Schön war’s.

Vielen Dank an alle für die Glückwünsche. Es war ein toller Tag.

Das Wetter hat auf einmal mitgespielt. Eigentlich, soweit ich mich erinnern kann, war an jedem 1. April ein herrliches Wetter. So auch gestern.

Wir haben nicht gezögert und durch die Stadt losgezogen: von Buchhandlungen zu Museen zu Cafés, eine Art Kul-Tour.

Wir haben vielleicht alle Buchhandlungen abgeklappert, die abklappwürdig sind. So viele schöne Bücher! Zum Beispiel, ein wunderbares Album „Gamescenes: Art in the Age of Videogames“, in dem sich die kreativen Visionäre mit Computer- und Videospielen auseinandersetzen. Ich hatte ja mit der Idee auch gespielt. Doch hier sind Maitres am Werk, wie zum Beispiel Aram Barthol mit seinem grossartigen „First Person Shooter„.

Danach, im Museum für Moderne Kunst hatten wir uns Baldessari, Boetti und Beuys reingezogen. Boetti hat mich mit seinen Dadaismen geglänzt, und auch mit seinem Freund namens Merz.

Aber nicht nur die Künstler mit einem „B“ in ihren Nachnamen haben uns beeindruckt.
Ebenso wunderbar war Murray Gaylard mit seiner Serie „Look Mum I’m Famous“ („Guck mal, Mama, ich bin berühmt“). Das Prinzip ist genial wie einfach: der Künstler nimmt Kunstzeitschriften, in den verschiedene namhafte Berühmtheiten aus der Kunstwelt interviewiert werden. Dann löscht er die Antworten dieser Berühmtheiten mit Tipp-Ex und schreibt das Eigene rein. Das werde ich mal später ausprobieren.

Achja, im Museum durfte man nur mit Fotoerlaubnis fotografieren. Ich hatte keine Fotoerlaubnis gehabt. Aber nichtdestotrotz habe ich fotografiert. Wenn auch nur dieses da.

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Danach sind wir herrlich Japanisch essen gegangen. Doch das ist (im Gegensatz zur Kunst) besser zu erleben, als zu beschreiben.


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Quetzalcoatl Overkill. Short story.

Junge und avancierte Schriftstellerin-Wunderkind Helene Hegemann (viel belesene Tochter des prominenten Dramaturgs Carl Hegemann) ist mit ihrem frischen, frechen, originellen und authentischen Buch „Axolotl Roadkill“ wie ein literarischer Kugelblitz in die Literaturlandschaft Deutschlands eingeschlagen.

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Um Plagiat-Beschuldigungen zu vermeiden, möchte der Autor hier selbstverständlich eine kleine Auswahl der zahlreichen Quellen angeben, auf die er bei der Genese dieses Textes unter Anderem zurückgriff:

S. auch Hegemanns Hype-O-Meter (welt.de)


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Eistiges Geigentum reloaded. #Hegemann

Fall Hegemann macht den Merzmensch schon wieder nachdenklich, und das ist kein gutes Zeichen.
Nachdenklich über das Thema des eistigen Geigentums, aber auch über die Agonie der Printmedien.

Zuerst wurde Fräulein Hegemann gehypt und hoch gelobt von allen Feuilletons (sei es FAZ, Zeit, Tagesspiegel)

Ihr Buch „Axolotl Roadkill“ wurde als „literarische Kugelblitz“ gewertet, das impaktmässig unseren Literaturbetrieb durcheinanderwurbelt mit der Frische und Jugendproblematik etc. etc.

Dann plötzlich wurde in einem Blog aufgedeckt, sie habe in ihrem Buch abgeschrieben, merhmals und bei vielen.

So fängt die Ära der Plagiat-Philippikas an: die Zeitungen fangen an, sich zu rechtfertigen, ob des ungerechtfertigten Hypes (wie zum Beispiel hier, in einem Blog – sic!).

Oder aber wird die junge Autorin doch gerechtfertigt, mit der Argumentation der Intertextualität. Nunja, eine Sache ist es, den anderen Text im eigenen Text weiterleben zu lassen, sich entwickeln und wirken zu lassen. Eine andere Sache ist es, mit Copy-Paste die Texte zu kopieren. Dadurch werden sie nicht lebendig(er). Dadurch werden sie geklaut.

In meiner Vorstellung (die durch die eigene Erfahrung freilich eingedämmt, verkleinert und mediokrisiert wird) ist das Intertextuelle in der Praxis das Zusammenspiel des Autors mit dem Leser. Ein Meta-Nicken. Ein hyperbolisches Winken. Das „wir beide verstehen’s“-Spiel. Der Text ist biomorph. Ein Fremdkörper bleibt ein Fremdkörper, auch wenn er mit Sehnen und Muskeln und Hautpartikeln bewachsen wird.

Doch vergessen wir Frau Hegemann. Wir haben ein grösseres Übel – die Presse. Die Printmedien. Das Unflexible (und das nicht im Sinne der leichtsinnigen Sinneswandlung oder Mangel an Eigenauftreten). Print schiebt aufs Web: „webbasierte Intertextualität„, „Mashup-Ästhetik des Internets“ und gar Sharing-Kultur des Internets (was das auch sein mag)… Man sieht, die Holzmedien scheinen gegen die Medienkompetenz immun zu sein. Denn diese „sharing“-Effekte der Neuen Medien unterliegen stets eigenen bestimmungen (z.B. Creative Commons).

Kurz, die Printmedien agonisieren, und versuchen nun die ganze Schuld aufs Web abzuwälzen.

Und Literaturkritik artet zum Hype-Management aus.

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Die zur Zeit beste Auseinanderstzung mit Problem Plagiat/Hegemann/Printmedien findet man hier – in einem Blog (sic!).

Und auch bei Literaturcafe.

Und ein sehr treffender Text bei Andrea Diener.

Heute ist Frau Hegemann bei Harald Schmidt zu gast (ARD). Falls es Euch noch interessiert…


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Warten auf…

Die einen verbringen unzählige Stunden mit Erstellen der handgemachten Bücher.
Die anderen – mit Zusammenstellen der Literaturzeitschriften.

So wie dieses Literaturjournal hier.

http://www.forgodot.com/2008/10/issue-1-release-announcement.html (der Download der PDF-Datei unter diesem Link)

Issue-1-cover-original

Es heisst „For Godot“.

Es besteht aus 3,785 Seiten.
Die hier veröffentlichten Autoren sind unter anderem:

Nada Gordon, Evelyn Reilly, Julianna Mundim, Emmy Catedral, Enid Bagnold, Richard Siken, Stephen Ratcliffe, Michael Gottlieb, Jodie Childers, Norman J. Olson, Brent Hendricks, Sean Kilpatrick, Tom McCarthy, Stacy Doris, Michael Rerick, Corrinne Clegg Hales, Mark Decarteret, Hadewijch of Antwerp, Darren Wershler-Henry, Letitia Trent, Debra Di Blasi, Laura Elrick, Bruna Mori, Popahna Brandes, Robert Sheppard, Diana Magallan, Kristine Danielson, Ed Higgins, Drew Gardner, Kyle Kaufman, Matthew Thorburn, Tiel Aisha Ansari, Christopher Wells, Vanessa Place, Simon Pettet, Grace Vajda, John Bennett, Ian Patterson, Joseph Hutchison, John Cotter, Cheryl Lawson Walker, Scott Esposito, Jason Nelson, Daniel Kane, Kimo Armitage, Alan May, J.D. Nelson, Bob Hershon, Jennifer Karmin, Kim Rosenfield, Nathan Austin, Pearl Pirie, Rosmarie Waldrop, Tara Betts, Donald Revell, Jim Ryals, Danuta Kean, Jeff VanderMeer, Alfredo Bonanno, Irene Latham, Michael Hennesy, Dick Higgins, John Hanson, Billy Merrell, Sam Ladkin, Jeff Ward, Debra Jenks, K. Lorraine Graham, Kenji Okuhira, Sean MacInnes, Adam Seelig, Steve Halle, David Mus, Monique Wittig, Joyelle McSweeney, Daniel E. Levenson, Luke Daly, Henry Thoreau, John Palattella, Abby Trenaman, Kristen Taylor, Vassily Kamensky, David Jhave Johnston, Gene Tanta, Cate Marvin, Alison Roth, Shad Marsh, Asher Ghaffar, Henry Gould, Justin Theroux, Susan Grimm, Bernard Wilson, Ateet Tuli, Laura Moriarty, Mark McMorris, Cruickshank-Hagenbuckle, Jeffrey Cyphers Wright, William Shakespeare, Nick Trinen, Daphne Gottlieb, Magdalena Zurawski, A.K. Arkadin, Matthue Roth, Douglas J. Belcher, After Bitahatini, Neil Schmitz, Liz Henry, Tom Hansen, Craig Saper, Pris Campbell, Afua-Kafi Akua, Amish Trivedi, Chris Hutchinson, Cath Vidler, Sarah Weinman, A.E. Stallings, Robin Blaser, Roland Prevost, Mac Wellman, Steven Schroeder, Joy Garnett, Mark Lamoureux, Julie Clark, Bob Garlitz, Jeff Hamilton, Kara Dorris, Maureen Thorson, Irv Muchnick, Frank O’Hara, Robin Magowan, C. Allen Rearick, A. J. Patrick Liszkiewicz, Tony Leuzzi, Bhanu Kapil, Sage U`ilani Takehiro, Shellie Zacharia, Lorna Dee Cervantes, Camille Martin, Eliot Weinberger, David Nemeth, Edna St. Vincent Millay, Iris Smyles, Bertolt Brecht, David Forbes, Colin Herd, Sergio Bessa, Zach Wollard, Adam Ford, Claudia Keelan, Hank Sotto, Jamba Dunn, Ken Mikolowski, Jean-Jacques Poucel, Santiago B. Villafania, David Valentinovia, Robert Kaufman, Dominique Meens, Joe Elliot, August Stramm, Justin Katko! Sandra Korchenko, Carol Peters, Lilah Hegnauer, Brian Evenson, Wallace Stevens, Timothy Murphy, Joseph Bradshaw, Nick Courtright, Adam Chiles, James, Kane X. Faucher, David Abel, Ray Succre, Gabriel Gudding, Antonin Artaud, Mark Cunningham, Paul Fattaruso, William Saroyan, Aaron McCollough, Confucius/Ezra Pound, David Antin, Rob Mackenzie, Ryan Eckes, Christian Peet, Peter Riley, Litsa Spathi, Anna Ahkmatova, Mark Tursi, J.D. Schraffenberger, Greg Fuchs, Sean Casey, Orpingalik, Hassan Melehy, Rosemarie Waldrop, Phillip Lund, Adam Aitken, Michael Davidson, Andrea Rexilius, William Allegrezza, Raymond Queneau, Fred Wah, Marcia Arrieta, Elizabeth Cross, Jonathan Greene, Gregory Laynor, Preston Spurlock, Jane Sprague, Kevin Thurston, Stephen Berry, William Bronk, Claudia Rankine, Steve Dalachinsky, Ed Sanders, Sam Rasnake, Wes Smiderle, James Belflower, Simmons B. Buntin, Dolores Dorantes, Emilie Clark, Leslie Marmon Silko, Sarah O’Brien, Jack Tricarico, Gerard Van der Luen, Frances Richard, Charlie Bertsch, Bob Cobbing, Sabrina Calle, Steven Burt, Stephane Mallarme, Bob Marcacci, Edwin Torres, Lois Marie Harrod, Evgeny Maizel, Luc Simonic, Lawrence Durrell, Amanda Davidson, Pendergast, Gregory Orr, Lepson, Joseph Duemer, Eric Alterman, Erin M. Bertram, Leopold Sedar Senghor, Suzanne Buffam, Andy Nicholson, Edward Champion, Katy Acheson, Okey Ndibe, Jennifer Mulligan, Renee Zepeda, Alfred Kubin, Sawako Nakayasu, David Prater, Forrest Gander, Mike Gubser, Virginia Heatter, Leslie Winer, Ed Schenk, Doug Holder, Russell Ragsdale, Jose Manuel Velazquez, Dick Jones, Gerry Loose, Daniel J. Vaccaro, Rafael Alberti, Jeff Newberry, Igor Terentiev, Micah Robbins, Friedrich Holderlin, Arif Khan, Laurel Dodge, Ann White, Nicolas Guillen, John Lowther, Cathleen Miller, Josef Vachal, Chris Moran, Miyazawa Kenji, Robert Fitterman, Norman Mailer, Doris Shapiro, Talan Menmott, Alan Licht, John Godfrey, James Maughn, Anne Heide, Jasmine Dreame Wagner, Lina ramona Vitkauskas, Judith Goldman, Rich Murphy, Halvard Johnson, Ariel Dorfman, Ed Baker, Maryrose Larkin, Sheila E. Murphy, Rosanna Warren, Jean Cocteau, Clarence Major, Eleanor Stanford, Teresa Carmody, Kenward Elmslie, Rainer Maria Rilke, Ryan Walker, Percy Bysshe Shelley, Nava Fader, Rob Budde, Allison Cobb, Robert Roley, Alison Collins, Melissa Fondakowski, Nathan Whiting, Jess Rowan, Cid Corman, Bob Heman, Libby Rosof, Cassie Lewis, Scott Saner, Roberta Allen, Raymond Farr, Anne Pierson Wiese, kevin mcpherson eckhoff, Troy Lloyd, Lindsay Boldt, Andrea Baker, Meredith Quartermain, Richard Meier, Louise Mathias, Joseph Cooper, Lynn Strongin, Outlines, Suzanne Stein, Richard de Nooy, Sherry, Robert Chrysler, Ton van’t Hof, Peter Cole, Michael Slosek, June Jordan, Andrew Zitka, Eve Babitz, G.C. Waldrep, Craig Santos Perez, James Sherry, Hugh, David R. Slavitt, Dino Campana, Stephen Berer, Alastair Johnston, Angela Jaeger, Javier Huerta, Jed Birmingham, David Harrison Horton, Alan Baker, Steve Clay, Kevin Coval, Tony Brown, Debesh Goswami, Michael Farrell, Abigail Child, Tanya Larkin, Ron Slate, Emmanuel Hocquard, Lauren Dixon, Jan Zwicky, Andrew Joron, Jessica Wickens, Arthur Sze, David Baptiste Chirot, Steven May, Rob Cook, Ankur Saha, Eric Unger, Chris Heilman, James Purdy, Derek Henderson, James Collins, L.J. Moore, Michael McClure, D.S. Marriott, Michael Heller, Robert Mittenthal, Eileen Tabios, Aki Salmela, Lou Rowan, Jerome Seaton, Lori Lubeski, Paul Hardacre, Rus Bowden, John Wieners, Lauren Levin, Johanna Drucker, Velimir Khlebnikov, Terry Bisson, Martha Plimpton, Miklos Radnoti, Ken Kesey, Matvei Yankelevich, Seth Forrest, Maria Damon, David MacDuff, Kevin Doran, Rob Read, Kristen Gallagher, Rick Visser, Andrei Bely, Sara Crangle, Karl Klingbiel, Jackson Mac Low, Fox, Derik Badman, Paul Griffiths, Oliver Rohe, Mark L. Lilleleht, Michelle Bautista, Monica Schley, Aaron Levy, andrew nightingale, Douglas Messerli, Pattie McCarthy, David West, Jon McKenzie, James Weber, Carlos Rojas, Donatella Izzo, Francois Luong, Daniel Borzutzky, Umm Zaid, Tony D’Arpino, James Tierney, Tao Lin, Rochelle Owens, Amy Friedman, Natalie Zina Walschots, Kayin Wong, Emily Sher, Deborah R. Geis, Kristen Iskandrian, Brother Tom Murphy, Jeremy Gardner, Alcoholic Poet, Chris Mansel, Keith Tuma, Chris Mansell, Rob MacDonald, Yuan Mei, Stanislaw Witkiewicz, Joshua Schuster, Glenn Bach, Maureen Owen, Richard Wink, Guy Bennett, Eric Elshtain, Reza Shirazi, Tonya Foster, Karl Kempton, Allan Gurganus, Alizon Brunning, Christopher Davis, Richard Foreman, Francois Luong, Yvonne Werkman, rob mclennan, Mark McCarthy, Bill Marsh, Tom Devaney, John Most, Nick Moudry, Jennifer Reimer, Charles Baudelaire, Gabriel Pomerand, Crane Giamo, Vernon Frazer, Mike Basinski, Oliver de la Paz, Leon Damas, Mark Ducharme, Jim Leftwich, Eliot Katz, Pat Lawrence, Jeff Daily, Jefferson Navicky, Tom Savage, Legs McNeil, mIEKAL aND, Leevi Lehto, Allyson Clay, Cy Mathews, Dereck Clemons, Clayton Eshleman, Benjamin Parzybok, Kevin Isu, Laura Mullen, Angelo Suarez, Kate Greenstreet, Andrew Burke, Natalie Simpson, Susan Smith Nash, Peter Gizzi, Dana Goodyear, Terence Winch, Sandy McIntosh, Cris Mazza, James Thurber, Sarah O‚ÄôBrien, Firoze Shakir, Elizabeth Castagna, D.J. Huppatz, David Koehn, Kyra Saari, Philip Jenks, Martin Corless-Smith, Jacques Leslie, Will Gallien, Mathew Timmons, Eric Lochridge, Buck Downs, Ian Hamilton Finlay, Leonard Michaels, Francis Raven, seflo, Nina Shope, Carson Cistulli, Jennifer Banks, Deborah Burnham, Steve Langan, Rosalva Garcia Coral, Betty Stork, Erica Van Horn, Anna Evans, Lizzie Skurnick, Skip Fox, Olde Quietude, Samuel Taylor Coleridg
e, Jonathan Williams, Sarah Maclay, Pablo Neruda, Richard Tuttle, Fran Herndon, Cheryl Clark, Allen Itz, Derek White, Barry MacSweeney, Eben Eldridge, Sandra Ridley, Normie Salvador, Priscilla Long, Alan Gilbert, Dennis Tedlock, Steve Benson, Brian Whitener, Rene Char, Lawrence Ytzhak Braithwaite, Teresa Ballard, Barbara Henning, Mario Melendez, Jacques Demarcq, Harvey Bialy, Gary Norris, Kerry Shawn Keys, Dawn Pendergast, Aimee Parkison, Michael Cooper, Chris Killen, Les Webb, Roberta Fallon, John Fillwalk, Stephen McLaughlin, Elizabeth Robinson, Bob Heffernan, Zak Smith, Nicholas Lea, Tsering Wangmo Dhompa, Dan Beachy-Quick, Ross White, Stan Mir, Tim Atkins, Poppy Z. Brite, Dylan Hock, Kurt Vonnegut, Mez Breeze, Stephanie Heit, J. Mason, Colleen Lookingbill, John Hall, Michelle Morgan, Alexi Parshchikov, Clemente Padin, Lisa Jarnot, Lance & Andrea Olsen, Mark Wallace, Nancy Kuhl, Xu Smith, Jorge de Lima, Hillary Lyon, Clayton Couch, Gunnar Ekelof, Alex Caldiero, Clifford Burke, Karri Kokko, Brent Goodman, Daniel Clowes, Todd Suomela, Arlene Ang, David McDuff, Bill Sherman, Ezra Mark, Kathryn Pringle, Jem Cohen, Adam Tobin, Thomas Meyer, Clifford Duffy, Anne Waldman, Nancy Shaw, Pilar Olabarria, Chris Maher, Ezra Pound, David Hilmer Rex, Levari, Jerome Sala, Ryan Collins, Alexander Jorgensen, Shouva Chattopadhyay, Linda Susan Jackson, Jonathan Mayhew, Pejk Malinovski, Michael Parker, Claude Simon, Ian Keenan, Peter O’Brien, Jeannie Hoag, Marcel Janko, Beverly Jackson, Loren Webster, Daniel Knudsen, Michael P. Steven, Rose Kelleher, Mare Mikolum, Marcel Broodthaers, Reb Livingston, Steven Lohse, Faye Smailes, Thomas Kinsella, Peter Middleton, Kurt Schwitters, Lou Suarez, Jay Millar, Paul Holman, Michael Palmer, Larry Eigner, Jean-Michel Espitallier, Charles Bernstein, Bill Allegrezza, Tenney Nathanson, Jeff Crouch, Brian Spears, Peter Makin, Lynn Crosbie, Michael Carr, Robinson Jeffers, Fanny Howe, David Vincenti, Erica Wessmann, Lydia Davis, Craig Teicher, Jorge Luiz Antonio, Matt Christie, Jean-Patrice Courtois, Gregory Pardlo, Nathaniel Tarn, Simone Fattal, Orhan Pamuk, Ofelia Hunt, Louise Gluck, David Pavelich, Lanny Quarles, George Seferis, Louise Bogan, Susan Minot, Star Black, Ted Stimpfle, Michael Lally, Sean Whelan, Arlo Quint, Grace Molisa, Jasmine Dream Wagner, Armand Schwerner, Anselm Parlatore, Tom Orange, Frank Kuenstler, Robin Coste Lewis, MacLaren Ross, Nick, Katey Nicosia, Geraldine Connolly, Sharanya Manivannan, Maud Newton, Kerri French, Charles Shere, Stephen Burt, Tony Fitzpatrick, Mark Peters, A. R. Ammons, Jenny Davidson, Tom Hopkins, Laurie Price, Woody Haut, Jim Toweill, Anne Tardos, Ronald Johnson, Will Skinker, Linda Marie Walker, Dave Schiralli, Rachel Talentino, Christopher McVey, Jordan Davis, Chris Tonelli, Patrick Culliton, Michael Basinski, Christina Brown, Kathleen Rooney & Elisa Gabbert, Maria Benet, Regis Bonvicino, Richard Huelsenbeck, Julia Cohen, Jim Behrle, Stephanie Bolster, Timothy Liu, Donna Brook, Kristin Abraham, Marcus Bales, Patricia Wellingham Jones, Susie Timmons, Clayton A. Couch, Myung Mi Kim, John Litzenberg, Zoe Strauss, Jonathan Meakin, Janine Pommy Vega, John Matthew, Robert Sund, Janne Nummela, Robert Archambeau, Dodie Bellamy, Meghan Scott, Stephen Johnson, Brenda Schmidt, Lisa Flaherty, Martine Bellen, Ron Loewinsohn, Darryl Keola Cabacungan, Chris Ransick, Sean T. Hanratty, Tim Gaze, Kathleen Rooney, Tom Mandel, AnnMarie Eldon, Tom Peters, Billy Jones, Gilbert Adair, Jim ¬†Behrle, Peter Jay Shippy, Amanda Laughtland, Juliet Cook, Joshua Marie Wilkinson, Brian Smith, Aldo Palazzeschi, Richard Denner, Anthony Robinson, Chris Tysh, Christopher Stackhouse, Paul Muldoon, Stefania Iryne Marthakis, Ellen Orleans, Robin Reagler, Susan Maxwell, Delia Mellis, John Baker, Jack Boettcher, Lex Camena, Jeffery Bahr, Veronica Montes, Miriam Nichols, Phil Hall, Tyler Carter, Jessica Treat, Mairead Byrne, C.S. Carrier, C.L. Bledsoe, Barbara Maloutas, Peter Schjeldahl, Marc Andre Robinson, Morgan Lucas Schultdt, Sean Thomas Dougherty, Rebecca Hazelton, Ryan Bird, Ernst Meister, Edith Sodergran, Bronwen Tate, Joritz-Nakagawa, Sharon Mollerus, Talan Memmott, Robert Burns, Jim Dunn, Matthew Cheney, Edward Nudelman, Subhro Bandopadhyay, Tiff Dressen, Sandy Florian, Jesse Glass, Jennie Skerl, Phil Fried, Eric Gurney, Christof Scheele, Nicholas Rombes, Billy Collins, Eugenio Montale, Gautam Verma, Tyler Cobb, Kendra Malone, Tom Beckett, Vivian Vavassis, Jude MacDonald, Joanna Sondheim, Paul Naylor, Kazim Ali, Josh Corey, Patrick Donnelly and Stephen Miller, Ari Bania, Geoffrey G. O’Brien, Leonard Kress, Philippe Soupault, Steve Caratzas, Joseph Mains, William Yazbec, Standard Schaefer, Betsy Andrews, Carlo Carra, Marie Hopkins, Anna Maria Hong, Burt Kimmelman, Karen J. Weyant, Max Middle, Joan Retallack, Gil Ott, Dennis Cooper, David Matlin, Tino Gomez, B.J. Love, Helen White, John Crowley, Weldon Kees, Louis Zukofsky, David Trinidad, Andrew Peterson, Bill Seaman and Penny Florence, Heather O’Neill, Reginald Shepherd, Annie Guthrie, Ammiel Alcalay, Carton Tragedy, Alfred Corn, Barbara Smith, Jozef Imrich, Yagi Mikajo, Stephen Thomson, Mark Rudman, Jena Osman, Ernesto Priego, Ken Springtail, Sam Beckbessinger, Cecilia Vicuna, Behm-Steinberg, Kate Schapira, Deidre Elizabeth, Jean Lehrman, Seth Landman, Ana Bozicevic-Bowling, Jess Mynes, Will Yackulic, Caroline Wilkinson, Maria Sabina, eldon, Richard Lighthouse, Michael Smoler, Henry Hills, Mark Marino, Poton, Thomas O’Connell, David Henderson, Michael Cross, Maralyn Lois Polak, Joe Brennan, Alice Cary, Erica Kaufman, Lewis Warsh, Steve Evans, David Byrne, Frank Parker, Kaz Maslanka, Jenna Cardinale, Peter Straub, EK Smith, Megan Martin, Meghan Punschke, Sherry Chandler, E. Tracy Grinnell, Tom Muir, Jeff Davis, F. 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Ford, Stanton, Kyle Minor, Bradford Haas, Kristy Bowen, Mingus Tourette, Anna Joy Springer, Laetitia Sonami, Sam Silva, Candace Kaucher, James Dickey, Kit Kennedy, Jill Jones, Susan Scarlata, Jack Kimball, Mary-Anne Breeze, Frederico Garcia Lorca, George Kalamaris, Raymond Hsu, Joshua Arnold, Bernadette Mayer, Calvin Bedient, Rachel Tompa, Nathan Curnow, Noel Sloboda, Doug Macpherson, Vivien Bittencourt, Steve Roggenbuck, Jules Boykoff, Jessica Lawless, Raymond Federman, Sandra Miller, Amos Bronson Alcott, Marina Garcia-Vasquez, Mathew Timmons, Paul Killebrew, Mike Young, John Tipton, Chad Parenteau, Michelle Cross, Eric Abbott, Hayden Carruth, Dream Bitches, William James Austin, St. Teresa of Lisieux, Donald Hall, Karen Weiser, Marty Hebrank, Liberty Heise, Kyle Stich, Charles Reznikoff, Chris Felver, Dorothy Trujillo Lusk, Mecca Jamilah Sullivan, Henry David Thoreau, Frances Driscoll, Leonard Gontarek, Edward Smallfield, Chris McCreary, Steven Zultanski, Peter Pereira, Marthe Reed, Mackenzie Carignan, Victor Hugo, Rebecca Gopoian, Ivy Alvarez, Highfill, Harry Gilonis, Sotere Torregian, Judy Kamilhor, Justin Sirois, Suzanna Gig, Peter Seaton, Julie Carr, Mazie Louise Montgomery, Sean Reagan, Tennesee Williams, Christopher Nealon, Joan McCracken, Malcolm Phillips, Christopher Casamassima, Andrew Steinmetz, Tom Sheehan, L.Y. Marlow, Martin Larsen, Susana Gardner, David Weinberger, Bill Cohen, Sasha Sommeil, Jill Chan, Josh Robinson, Crag Hill, William Burroughs, Ruthven Todd, Annie Proulx, Monty Reid, Simon Perchik, A.K. Scipioni, Ron Hogan, Marcel Duchamp, Thomas Day, Bob Arnold, Rabia al Basri, Michael Andre, Raymond Foss, Ruby Mohan, Kate Schatz, Elizabeth Smith, Tom Matrullo, Carmen Racovitza, Blake Butler, Maggie O’Sullivan, Eugene Ostashevsky, Therese Halscheid, Lauren Levato, Hermann Hesse, Christian Prigent, Michael Reid Busk, Caroline Sinavaiana, Marcia Roberts, Muriel Rukeyser, Jessica Watson, sara seinberg, Garth Whelan, Peter Ramos, Harry K Stammer, Tom Jones, Arjun Chandramohan Bali, Lawrence Joseph, Lee Posna, Tim Mcnulty, Patrick James Dunagan, Laurie Clark, Sabbir Azam, George Green, David Maney, Jill Alexander Essbaum, Jenny Allan, Gary L. McDowell, Samuel Wharton, Leonard Cohen, Kyle Conner, Maxine Hong Kingston, Stephanie Strickland, Michael Schiavo, Lynne Tillman, Jesus Manuel Mena Garza, David-Baptiste Chirot, Augustine Porras, Juan J. Morales, Tim Z. Hernandez, Diane Ward, Donald Marshall, Jack Collom, Paul Lyons, Megan Kaminski, Chris Fritton, Paul Vermeersch, Aaron Lowinger, Bob Perelman, Steve Yarbrough, J.H. Prynne, Amy King, Geoffrey Chaucer, Joel Dailey, Christopher Hennessy, Meghan O’Rourke and Cathy Park Hong, Jennifer Scappettone, David Hecker, Carl Brush, Joy Hendrickson-Turner, Leny Strobel, John Timpane, Amanda Watson, Cate Peebles, Danny Snelson, Christopher Mulrooney, Jaime Anne Earnest, Trina Gaynon, Caleb Puckett, Weyman Chan, Patricia Dienstfrey, Evelio Rojas, Susan Tichy, Shawn McKinney, Gerald Bosacker, Joel Kuszai, Norman Lock, Eric Gelsinger, Suzanne Frischkorn, Gabor Szilasi, Shannon Smith, Peter J. Grieco, Nasra al Adawi, Anna Moschovakis, Charles Henri Ford, Nicholas Downing, Sharron Proulx-Turner, Richard Long, Majena Mafe, Timothy Kreiner, Jorge Luis Borges, Lucebert, Chuck Stebelton, John Sparrow, Victor Hernandez Cruz, Jee Leong Koh, Sophie Robinson, Carol Mirakove, Susan Stewart, Adalaide Morris, Camille Bacos, Diane Williams, Robert J. Baumann, Kristi Castro, Don Illich, Holly Anderson, C.D. Wright, Jerome McGann, Alex Gildzen, Joseph Lease, Allen, Meagan Wilson, David H. Thomas, Jane Thompson, Andrew Zawacki, Gottfried Benn, John Hyland, Jim Morrison, Lyle Daggett, Robert Duncan, Diane Lockward, Kate Daniels, Angela Woodward, Paul Vazquez, Jesse Minkert, E. Ethelbert Miller, Scott Withaim, Arthur Rimbaud, Luc Fierens, Daniel Abdal-Hayy Moore, Rackstraw Downes, Elizabeth James, Paolo Javier, Robyn Sarah, Rosemarie Crisafi, Wendy Collin Sorin, Jack Hirschman, Flynne Bracker, Rick Wiggins, Baron Wolman, Frederic Tuten, Su Carlson, Raina Leon, C.E. Chaffin, Katrinka Moore, Lucy Anderton, Reyes Cardenas, Mei Mei Chang, Scott Malby, Alice Becker-Ho, Wassily Kandinsky, Bob Hazelton, Leonard Schwartz, Larry Smith, Dave Winer, Ivan Carswell, Genevieve Kaplan, John Findura, Shrikanth Reddy, David Horowitz, Jocelyn Grosse, C. Dale Young, Kiki Smith, Scott K. Odom, Brandon Brown, Tim Lockridge, Lauren Goodwin Slaughter, Steve Luxton, Melissa Buzzeo, Aaron Kunin, Anne Haines, William Carlos Williams, Catherine Daly, Jack Martin, Ocean, Angela Rawlings, Richard Hell, Monica de la Torre, Ruth Lepson, Trevor Calvert, Donato Mancini, Diana Adams, Miranda Mellis, Dust Congress Hackmuth, Philip Whalen, Dan Thomas-Glass, Abigail Licad, Caroline Rothstein, Matt Briggs, Hans Arp, Patrick F. Durgin, Ashley VanDoorn, George Murray, Gerald Bruns, Richard Greenfield, Ken Rumble, John Perrault, Soleida Rios, Andrew Schelling, Robert Marshall, Russell Jaffe, Albert Wendt, Emily Brink, Jennifer Bartlett, Jeannine Hall Gailey, Mecca Sullivan, Ron Silliman, David Caddy, Marcel O’Gorman, Lucy Ives, Sarah Browning, Rob Johnson, Michael Magee, Doug Ireland, Tim Martin, Seth Parker, Yi Sang, Andros Montoya, Allama Prabhu, Jacob Glatshteyn, Dan Waber, Jim Goar, Michael Kelleher, Michael Peverett, Patricia Storms, Howard Junker, N. Scott Momaday, Tsuyoshi Yumoto, Peter Manson, Adam Clay, Sharon Mesmer, Sasha Frere Jones, Ronna Johnson, Murphy, Edward Williams, Bernard Hoepffner, Kareem Estefan, Lindsay Colahan, John Stiles, Ed Barrett, Steven Shaviro, Hart Crane, Thad Rutkowski, Paul Pearson, Jan Pollet, Jon Woodward, Frederick Seidel, Laurie Fuhr, Ku-ualhoa Meyer Ho’omanawanui, Peter Dale Scott, Pablo Picasso, Jeremy Halinen, Damien Hirst, Camille PB, Glenna Luschei, Jimmy Chen, Fairfield Porter, Douglas Coupland, Kismet Al-Hussaini, Kim Hyesoon, Sarah Vap, Carla Harryman, Louise Landes Levi, Ki
ran Desai, jUStin!katKO, Carol McCarthy, Michael Estabrook, Christian Nicholas, Lauren Russell, Biskit Roth, Ron Koertge, Benjamin Friedlander, Geoff rey Hill, Harold Abramowitz,¬†Allison Carter, Larry Sawyer, Joanne Underwood, James Sanders, James Wagner, Gyula Illyes, Deborah Ager, John M. Bennett, Elizabeth Dorbad, Matthew Langley, Amira Baraka, Adrian Khactu, Aaron Smith, David Christopher LaTerre, Ann Margaret Bogle, George Evans, F.T. Marinetti, Steve Mueske, Barrett Watten, Chris Hamilton-Emery, Travis Jay Morgan, Brian Kim Stefans, Julie Doxsee, Jane Monson, Terrance Diggory, Jeremy McLeod, Len Joy, Carrie Etter, Suzan Frecon, Malia Jackson, Akilah Oliver, Carrie Katz, Michael Gizzi, Benjamin Kroh, Michael Koshkin, David McGimpsey, Paul Hegedus, Heather Christle, Anselm Berrigan, Art Durkee, Marianne Moore, Aleksei Kruchenykh, Tom Wolfe, Phil Primeau, Nona Caspers, Dominic Fox, Nate Ethier, Michelle Greenblatt, Julianna McCarthy, Davide Trame, Aaron Vidaver, Alli Warren, Kathleen Fraser, Paula Bernat Bennett, Jon Rolston, Basil King, Henry Darger, Ray Hsu, P. Inman, Ben Lyle Bedard, Dallas Wiebe, Michael Bernstein, Margaret Stawowy, Nicole Steinberg, Maged Zaher, Andrew Levy, Edwin Rodriguez, Harold Abramowitz, Red Pine, Kenneth Rexroth, Hong Ou, Julian Beck, Piers Hugill, Daniel Nester, Ryan Clifford Daley, Kurt Brown, Mark Halliday, Emily Abendroth, David McLean, Cara Benson, James Joyce, Lara Odell, Katia Kapovich, Arielle Greenberg, Tony Lopez, Charles Bukowski, Laura Moore, Brian Howe, Juana de Ibarbourou, Barry Schwabsky, Susan Briante, Clayton Eschelman, David Hadbawnik, Brett Evans, Susie Bright, Ted Berrigan, Tony Green, Gary Barwin, Alice Notley, Amy Unsworth, Bryan Coffelt, Else von Freytag-Loringhoven, Samantha Barrow, Henry Longfellow, Max Jacob, Renee Gladman, Susan Denning, Matt Reiter, Lee Friedlander, Lars Palm, Nick Carbo, Peter Fox, Robert Wexelblatt, Christina Strong, Sophie Read, Jami Macarty, Breyten Breytenbach, Lisa Forrest, Regina Derieva, Sarah Dowling, Phong Bui, Christopher Sorrentino, Lee Ann Brown, Laura Goldstein, David Jones, Fritz Ward, Alexandra Tolstoy, Chris Abani, Jennifer Gravely, Alicia Rabins, Chris Funkhouser, shishir gupta, Clark Coolidge, Ann E. Michael, John Amen, Joanna Fuhrman, Sueyeun Juliette Lee, Chris Stackhouse, Nico Vassilakis, Trevor Maddock, Lucian Blaga, Kirsten Kaschock, Allen Taylor, Robert Hass, Meghan O’Rourke, Marcus McCann, Emmett Williams, Del Ray Cross, Mimi Gross, Jean Valentine, Rachel Dacus, Piu Roy, T. F. Rice, Sarah Fran Wisby, Dana Ward, Chinua Achebe, Jonkil Dies, Michael Fix, Bill Dunlap, Steven Waling, Alan Davies, Jill Stengel, Weldon Hunter, David Hickman, Wilson Lobko, Duane Locke, Surya Parekh, James Franklin, Mark Hoover, Peter Quartermain, Gary McDowell, Michael Fried, Carl Sandburg, C.P. Cavafy, David Alexander Davies, Tama Janowitz, Billy Gomberg, Stephen Potter, Jan Beatty, Anna Fulford, Hagiwara Sakutaro, Nicole Brossard, Garth Graeper, K.S. Ernst, Abbey Baker, Alena Hairston, Mary Kasimor, Esa Makijarvi, Sam Heldman, Brian Strang, Donald McGrath, Kevin Davies, Rochelle Ratner, Blaise Cendrars, etc.etc.etc.

Keines der Werke ist autorisiert, d.h. alle Texte wurden ohne Erlaubnis der Autoren veröffentlicht.
Und das schönste ist, wie man in einer Diskussion bei PoetryFoundation  (Kommentare dort sind echt lesenswert!) festgestellt hat:

keiner der Texte ist echt.
Das heisst: auch wenn diese Gedichte im Journal bestimmten Autoren zugeordnet sind, entstammen sie nicht dem Feder dieser Autoren. Wie die Autoren selbst mit Verwunderung feststellen.

Dabei muss ich sagen, einige Gedichte sind echt wunderschön. Ich habe, freilich nicht alle 3.785 Seiten gelesen…

via HTMLgiant

UPDATE: 2011.12.02
Dear A.K., I’ve read your complain about this story, and I’m sorry to bother you with mention of your name in this blogpost. I deleted your name from the list of the poets, whose names were (mis)used for this not really ethical, but culturally subversive project. I’m sorry to admit, but I’m still fascinated by the absurdity of this project.


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Vor-Sätze für das Jahr 2010

Vor jedem Jahr
wird ein Satz
g e s e t z t
gesetzt.
(Vorsatz-Vorsitzender)

So auch hier. Was will ich eigentlich, im kreativen Sinne des Wortes „wollen“?

1) Meine Doktorarbeit voranbringen
2) Mich mehr veröffentlichen als vorhin
3) Und sonst alle möglichen kreativen Ent-Faltungen und Ent-Wicklungen, die es sonst noch so gibt.

Das war jetzt…

R0010361-l

Und was ist mit Euch?


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Ein transparenter Riese

Heute Abend ist uns ein Riese begegnet.

Die Strassen waren mit Schnee bedeckt, kalter Wind wehte ins Gesicht. Doch dieser Wind brachte seltsame Musikfetzen. Wir folgten den Klängen und sahen plötzlich einen Riesen. Der durch die Stadt forttanzte.

Das Projekt DUNDU (du und du) warnt auf seiner Seite http://www.dundu.name/:

Vorsicht:

Unsere Kunst kann das Gefühl der individuellen Identität verdünnen!

dundu_logo

Und das stimmt auch: die Figur (eines de Chirico würdig), aus vielen Fäden bestehend, von vielen Menschen bewegt, vorbei an viele Zuschauer entlangschwebend, wälzt voran und sammelt in sich wie ein Schneeball das Universum. Es ist eine leibhaftig gewordene Allegorie der Globalität. (Ja, schon wieder diese Globalität!) Die Identität (diese mit Pathos und unnötigen Konventionen beladene Nebensächlichkeit) schwindet, die Kreativität wächst.

Der Künstler Tobias Johannes Ferdinand Husemann hat etwas jenseits aller Vorstellungen geschaffen. Und der Komponist Stefan Charisius AFREAX sprengt alle weitere noch gebliebenen Grenzen, indem er eine fast irreale Musik mit westafrikanischen Harfe Kora spielt.


Harfe Kora, Quelle: Wiki

giorgio-de-chirico-hector-et-andromache
Giorgio de Chirico: Hector er Andromache

Was ist dann schon eine Hülse namens „Identität“?..


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Titular

titlogo

Das Projekt „Titular“ beschäftigt sich mit Titeln.

Titeln der Filme, TV-Serien oder Romane. Und eigentlich mehr als nur mit Titeln: es geht um eine Neusemantisierung.

Die Titel an sich sind bereits selbstsprechend für die im Original so betitelten Werke. Sagen wir „Twin Peaks“ oder „Ulysses“, meinen wir normalerweise die Klassiker.

Doch wenn man versucht, einen bereits bestehenden Titel mit neuer Semantik zu erfüllen, mit einem neuen Sinn, mit einem neuen Sujet?

Mit dieser Aufgabe beschäftigt sich – sehr erfolgreich – der englischsprachige „Titular Journal“.

Achja, ich habe hin einen Text geschickt. Mal sehen, wie schnell sie mich abweisen 🙂

Wie immer via htmlgiant.


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Engelische Gedychte.

vbpo

Auch wenn gedruckter Artifice Magazine diesmal meine Gedichte nicht angenommen hatte, geruhte der Online-Journal „Very Bad Poetry“ mein anderes Gedicht – in Englischer Sprache – zu veröffentlichen. Und das alles an einem Tag!

http://www.verybadpoetry.com/poems/show/Oh_yourisdiction/

Hier die Kalk-Übersetzung ins Deutsche:

Kurz bevor Sie begannen,
Meinen miserabel geschriebenen Text zu lesen,
Immigrierte meine Muse
In ein progressives Land im Westen.

Meine Inspiration ist abgelaufen,
Wie das Arbeitsvisum H-1B.
Ich bin erschöpft, ich bin müde.

Und die Nacht summt ein Wiegenlied.

Ich bin also nun drüben, bei Very Bad Poetry zu finden, und werde wohl bald dort neues veröffentlichen.

P.S. Auch wenn Very Bad Poetry eigentlich „Sehr Schlechte Dichtung“ heisst, oder gerade deshalb, auf jeden Fall wurde dort bereits Barack Obama veröffentlicht.
P.P.S. Auch wenn er sie nicht persönlich reingestellt haben sollte, die Gedichte stammen von ihm.


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Ein Nicht-Ort und ein Doch-Ort.

Werter Leser.

Es gibt viele Lebensorte. Es gibt viele Bücher.
Es gibt viele Bücher, in den Sie gerne leben wollten.
Es gibt viele Bücher, die Sie besser (empirischerweise) vermeiden möchten.

So lassen wir eine Synthese unserer Lese-Art und Lebens-Art aufzeichnen. Indem ich Euch über die These und Antithese nachfrage.

Also. Wenn Sie eine Möglichkeit hätten, in einem Literaturwerk weiterzuleben, zu existieren, zu schaffen…

These:

…In welchem Buch hätten Sie gerne gelebt? Und warum?

Antithese:

…In welchem Buch würden Sie nie im Leben… ehm… leben? Und weshalb? 

Dabei als Faustregel gilt: ein Buch muss nicht unbedingt schlecht sein, auch wenn man dort nie Fuss fassen möchte. Und vice versa.

Hier sind meine Lebens-Vorstellungen (wird wohl ständig fortgesetzt).

These:

  • Das Foucaultsche Pendel (pfiffige mystische und mystifikatorische Brainstormings in modrigen Büros und historischen Burgs)
  • Glasperlenspiel (postmodern und escapistisch, da kann man leben, was sage ich, „leben“ – da kann man SEIN!)
  • Die Mars-Chroniken von Ray Bradbury (viele Aspekte, die Bewohnbarkeit des Unbewohnbaren etc.)
  • Ursonate von Schwitters (asematisches Leben als ein modus vivendi)

 

Antithese:

  • Doktor Živago“ von Pasternak (anfangs kalt, dann unwirtlich, am Ende unerträglich)
  • alle Werke von Dostoevski (vielleicht noch gut zum lesen, doch nicht zum leben)
  • wohl doch alles von Kafka (gut, bei all der Genialität, ist es zu real für mich – fürs Habitieren)
  • House of Leaves“ von Mark Z. Danielewski (die Labyrinthe mag ich, doch man kann sich ganz böse verirren)

Und was ist mit Ihnen, werter Leser? Ich freue mich auf Eure eigenen Vorstellungen, denn nur dadurch werden die Thesen und Antithesen zur Synthese vereint.

Ach, und hier ein Bild, das mit dem ganzen nur am Rande was zu tun hat.


Ein Kommentar

Generation Zzz

Immer diese Generationen…
Es ist beinahe so banal geworden, die eigene – oder die andere – Generation mit einem Stichwort zu versehen.

Viktor Pelevin sprach über Generation P.

Die in den 1960-70ger geborenen sollen zur Generation X zählen.

htmlgiant hat mich auf den Artikel von Guardian aufmerksam gemacht.

Und Guardian.co.uk spricht in seinem Bücherblog zugleich mehrere Generationen an:

  • die hier bereits erwähnte Generation X, (nach einem gleichnamigen Roman von Douglas Coupland aus dem Jahre 1991 benannt): Kinder von Babyboom der 60-70ger, die die 80ger erreichen, „junge ziellose McJobs-Teilzeitarbeiter, die in die unsichere Zukunft hinabschauen, bewaffnet lediglich mit Sarkasmus und Apathie“ (so Guardian).
  • Generation A, ein neuer Roman von Douglas Coupland (diese Generation reflektiert die Generation X, nur dass man zu dem apatisch-sarkastischen Waffenarsenal auch noch gut vernetzt ist)
  • und dann kommen in letzter Zeit all die Blogger, Twitterer und andere Langeweiler (wir also), die als künstlerische Texte ihre Einkaufslisten oder Chat-Protokolle veröffentlichen. Das wären nach Guardian, Generation Gähn, Generation Zzz, Generation Tweet, Generation 😦

In letzten Jahrzehnten sind so viele Generationen aus der Erde geschossen, wie Pilze, also wirklich. Ich denke, wir müssen uns langsam auf Nutzung von japanisch-chinesischen Schriftszeichen Kanji bei der Bezeichnung künftiger Generationen einstellen.

Zum Beispiel:
Generation 怠 für “Generation der Faulen”
Generation 賢 für “Generation der Weisen”
oder einfach
Generation 無 für “Generation der Nichtse”

Da sind nämlich noch jede Menge Kanjis da draussen, so umgerechnet um die 50.000. Ich denke damit wären wir gut versorgt, zumindest für ein Paar Jahre.

P.S. Achja, Pelevins „Generation P“ stand eigentlich für Pepsi.


2 Kommentare

赤い点: Der rote Punkt

Ermutigung […], etwas weniger nach vermeintlicher Sicherheit zu schielen,
und etwas mehr zu wagen.
Martin Blankenmeyer an der VGF-Verleihung

Einen wunderbaren Film habe ich gestern gesehen: „赤い点: Der rote Punkt“.derrotepunkt-plakat

Zur Handlung:

Aki Onodera, eine japanische Studentin, entdeckt im Abstellzimmer ein mysteriöses Paket wieder, das ihre Familie ihr schon immer vorgehalten hat. Mit der Ausrede, sie wird dieses Paket irgendwann öffnen dürfen, wenn sie erwachsen wird. Aki ist diesmal – zurecht – voller Ungeduld, und so öffnet sie es endlich.

Darin findet sie etwas äußerst wichtiges, und für sie kaum bekanntes, was aber sehr viel über Ihre Familie verrät. Und was ihre Reise nach Deutschland veranlasst – zu dem schicksalshaften Ort, der mit einem roten Punkt auf der Karte irgendwo im Ostallgäu markiert ist.

In Deutschland angekommen begegnet sie einer bayerischen Familie, und diese Begegnung ist ebenso in allen Bedeutungen schicksalhaft…

Zum Film:

Ein unglaublich stiller, aber unglaublich starker Film.
Bereits seit den ersten Minuten zieht er in seine Bahn – und lässt nie wieder los. Auch nachdem man den Kinosaal verlassen hat. Hier werden zwei Welten gezeigt, zwei Kulturen, die zueinander finden. Japan und Deutschland. Und das mit auch heutzutage seltener Authentizität.derrotepunkt-3

Leider sind die meisten Streifen über interkulturelle Beziehungen, besonders wenn es um Japan und Ausland geht, voller Stereotypen und Klischees. (Ich schweige schon über „Lost in Translation“, das ein äusserst verzerrtes und euro/amerikozentrisches Bild von Japan zeigte).

Doch „Der rote Punkt“ ist wie eine Offenbarung. Frisch und unvoreingenommen. Und auch wenn hier und da landesspezifische Zeichen vorkommen, dann werden sie mit Ironie und Augenzwinkern behandelt. Es wird Japan und Deutschland im Alltag gezeigt – jenseits von Kimono und Dirndl, jenseits von Teezeremonien und Oktoberfest. Es wird Realität gezeigt – aber weit weg von pseudorealen Dogmen von Lars von Trier und ähnlichen prätentiösen aber leeren Hülsen einiger international anerkannten Regisseure, die zwar andere Kulturen zeigen möchten, aber im Endeffekt lediglich die eigene Stereotypen im Grossformat präsentieren…

Die Realität des Films „Der rote Punkt“ ist so glaubwürdig, dass man sich erst gar nicht wundert, als man erfährt, dass die schicksalshafte und einzigartige Handlung teilweise den wahren Begebenheiten entspringt. derrotepunkt-8

Es ist auch schwer zu glauben, dass dieser faszinierende Film eine Abschlussarbeit von Marie Miyayama, der japanischen Studentin an Hochschule für Fernsehen und Film München ist. So reif und so perfekt ist dieses Werk – auch ohne jedweden erhobenen Anspruch auf das Perfektsein.

Die Arbeit von Yuki Inomata, die die Hauptrolle spielt, überzeugt seit der ersten Kameraeinstellung. Man vergisst eigentlich nach der ersten Kameraeinstellung über die Einstellungen und über die Kameras, über alles. Die Schauspielerein startete bereits seit ihrem 15. Lebensalter ihre Filmkarriere – als Schauspielerin und Fotomodel, aber auch als Drehbuchautorin und Regisseurin. Bei guten Schauspielern merkt man nichts, was als „Professionalität“ gelten sollte. Die guten Schauspieler gehen in ihren Rollen auf – so auch Yuki Inomata: sie spielt ohne zu spielen, sie ist authentisch und echt, sie verschmelzt mit ihrer Rolle. Und man möchte jedes mal ausrufen, wie es Stanislawski tat, als die Schauspieler ihn überzeugten: „Ich glaube es!“.

Auch andere Schauspieler – wie der aus vielen TV und Kino-Produktionen bekannter Hans Kremer, und auch Orlando Klaus, der den jungen rebellischen Sohn spielt, einfach alle Schauspieler strahlen vor Charisma der Glaubwürdigkeit – was zweifelsohne ein Verdienst der Regisseurin Marie Miyayama ist.derrotepunkt-9

Die Musik hat mich auch sehr positiv gestimmt: es ist nicht an eine Kultur gebunden, es ist über jeglicher Landesspezifik – und trotzdem unterscheidet sie sich sehr in ihrer Begleitung in japanischen und deutschen Szenen. Leise und verträumt, ein Bisschen Satie, eine Prise Nyman – und der Rest ist die Einzigartigkeit und Originalität, die mit dem Film harmoniert und verschmelzt.

Das ganze Film-Team hat eine grossartige Arbeit geleistet. Daher ist es auch sehr leicht nachzuvollziehen, warum dieser Film bei den 42. Hofer Filmtagen Förderpreis Deutscher Film erhalten hat. Es ist auch ganz klar, weshalb der Filmproduzent Martin Blankenmeyer den VGF-Förderpreis bekommen hat. Er hat es einfach verdient.

Summary:

Diesen Film vergisst man nie. Er ist in meiner Erinnerung mit einem roten Punkt markiert. Dies ist einer der wenigen Filme, bei denen man sofot vergisst, dass man im Kinosaal sitzt. Und einer der wenigen Filme, die so virtuos alle Stereotypigkeiten und Klischees vermeiden, wenn es um interkulturelle Begegnungen geht.

Jetzt bin ich gespannt auf weitere Produktionen der Regisseurerin Marie Miyayama. Und der Schauspielerin Yuki Inomata.

Trailer:

Der Film läuft ab 4. Juni 2009 in Kinos.

derrotepunkt-1

Weitere Links

Offizielle Website: http://www.derrotepunkt-derfilm.de
Termine: http://www.derrotepunkt-derfilm.de/termine.html
Wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Rote_Punkt
Verleih: http://www.movienetfilm.de/punkt/index.php

Bilderquellen:
http://www.derrotepunkt-derfilm.de/galerie.html
http://www.movienetfilm.de/punkt/pressefotos.php

P.S. Ehrlich gesagt, wollte ich auch etwas kritisches über diesen Film schreiben, damit meine Rezension nicht so einseitig aussieht. Ich habe aber nichts gefunden, was ich kritisieren könnte.