Merzmensch

DADAistisches und dadaLOSES

Gennadij Gor, von Peter Urban übersetzt.

2 Kommentare

Gennadij Gor, Blockade. Gedichte (Originalausgabe)
Russisch / Deutsch, übersetzt und mit einem Nachwort von Peter Urban
ca. 232 Seiten, Hardcover, fadengeheftet, mit Lesebändchen
ISBN 978-3-902113-52-8 ca. € 23,– / sfr 38,70 (erscheint im Oktober 2007)

Gestern hatte ich die gute Gelegenheit gehabt, einen wunderbaren Menschen zu treffen. Ich war in Literaturhaus auf der Lesung von Peter Urban. Er hat zusammen mit Oleg Juriew die unbekannten Texte von Gennadij Gor (1907-1981) vorgestellt.

Gennadij GorDieser russiche Schriftsteller, in der Heimat eher als ein Sci-Fi-Autor bekannt, erlebte die tragischen 900 Tage der Blockade von Leningrad. Diese Zeit wiederspiegelte sich in einer Reihe von den auch in Russland kaum bekannten Gedichten von Gor, die nun von Peter Urban kongenial ins Deutsche übersetzt wurden. (Wobei Kongenialität ist ein Attribut aller Übersetzungen von Peter Urban, so dass es fast wie eine Tautologie klingt).

Die Gedichte reflektieren einen komatösen Zustand der Angst, die zu dieser Zeit durch die hungrigen Strassen Leningrads zog. Und gleichzeitig wird dieser Angst durch die Reime und Rhythmik die Züge der Absurdität verliehen, es flammt die verbitterte Ironie auf, die wir auch in Werken von Daniil Charms kennen.

Ich aß Rebekka die so gerne lachte,
Ein Rabe sah mein schauerliches Mahl.
Der Rabe sah mich an, ob er wohl dachte
Wie langsam ein Mensch einen Menschen aß.
Der Rabe sahs doch werfe ich dem Aas
Rebekkas Hand nicht hin zum Fraß.

1942

 
Dass Gennadij Gor mit Charms und Vvedenskij , und auch mit der fast schon dadaistischen OBERIU-Gruppe in Kontakt stand, war mir unbekannt. Hat mich gefreut. Und die Übersetzungen von Peter Urban haben geglänzt in ihrer Bestrebung, das Gedicht zu übertragen, aber nicht zu kopieren. Zu wiedergeben, aber nicht zu klonen.

Seine Übersetzungen möchte ich auf jeden Fall Euch ans Herz legen, sei es Werke von Charms, Čechov, Turgenev oder von anderen russischen Literaten.

2 Kommentare zu “Gennadij Gor, von Peter Urban übersetzt.

  1. dieses gedicht, die ganze art solcher gedichte in ähnlicher form sagen mir sehr zu. einfach herrlich. (ganz nebenbei: ich fröne NICHT dem kannibalismus) … die darstellung des absurden, grotesken, wie ich finde, geschieht eher in einer derart teilnamhslosen beiläufigkeit, der man kaum widerstehen kann. köstlich!

    (ich vermeine, behaupten zu können, um derlei wortgeflechte in solcher (beinahe)unnachahmlichen art zu verfassen, bedarf es schon etwas übung – ich selber stecke bislang noch in den versuchen fest…)

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